3. Froschregen

[45] Man spricht auch von einem Froschregen. Aber das wird noch niemand gesehen haben, daß es Frösche aus der Luft herab regnete. Die Sache verhält sich ganz kurz so: Im Sommer bei anhaltend trockner Hitze zieht sich eine Art von Landfröschen in benachbarte Wälder und Buschwerke zurück, weil sie dort einen kühlern und feuchtern Aufenthalt haben, und verhalten sich ganz stille und verborgen, so daß sie niemand bemerkt. Wenn nun ein sanfter Regen fällt, so kommen sie in zahlreicher Menge wieder hervor, und erquicken sich in dem nassen, kühlen Gras. Wer alsdann in einer solchen Gegend ist und auf einmal so viele Fröschlein sieht, wo doch kurz vorher kein einziges zu sehen war, der kann sich nicht[45] vorstellen, wo auf einmal so viele Frösche herkommen; und da bilden sich einfältige Leute ein, es habe Frösche geregnet. Denn aus lieber Trägheit läßt man eher die unvernünftigsten Dinge gelten, als man sich die Mühe gibt, über die vernünftigen Ursachen dessen nachzudenken oder zu fragen, was man nicht begreifen kann.

Quelle:
Johann Peter Hebel: Poetische Werke. München 1961, S. 45-46.
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