2.

[158] Hastig schritt er aus dem Dome,

Jagte fort auf wildem Rappen,

Daß im Wind die feuchten Locken

Und des Hutes Federn wallen.


Auf dem Weg nach Alkolea,

Dem Guadalquivir entlange,

Wo die weißen Mandeln blühen,

Und die duft'gen Goldorangen;


Dorten jagt der lust'ge Ritter,

Pfeift und singt, und lacht behaglich,

Und es stimmen ein die Vögel

Und des Stromes laute Wasser.


In dem Schloß zu Alkolea

Wohnet Clara de Alvares,

In Navarra kämpft ihr Vater,

Und sie freut sich mindern Zwanges.


Und Almansor hört schon ferne

Pauken und Drommeten schallen,

Und er sieht des Schlosses Lichter

Blitzen durch der Bäume Schatten.


In dem Schloß zu Alkolea

Tanzen zwölf geschmückte Damen,

Tanzen zwölf geschmückte Ritter,

Doch am schönsten tanzt Almansor.


Wie beschwingt von muntrer Laune

Flattert er herum im Saale,

Und er weiß den Damen allen

Süße Schmeichelein zu sagen.
[159]

Isabellens schöne Hände

Küßt er rasch, und springt von dannen,

Und er setzt sich vor Elviren,

Und er schaut ihr froh ins Antlitz.


Lachend fragt er Leonoren:

Ob er heute ihr gefalle?

Und er zeigt die goldnen Kreuze,

Eingestickt in seinen Mantel.


Er versichert jeder Dame,

Daß er sie im Herzen trage;

Und »so wahr ich Christ bin!« schwört er

Dreißigmal an jenem Abend.


Quelle:
Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21972, S. 158-160.
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