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[209] Es hatte mein Haupt die schwarze Frau

Zärtlich ans Herz geschlossen;

Ach! meine Haare wurden grau,

Wo ihre Tränen geflossen.


Sie küßte mich lahm, sie küßte mich krank,

Sie küßte mir blind die Augen;

Das Mark aus meinem Rückgrat trank

Ihr Mund mit wildem Saugen.
[209]

Mein Leib ist jetzt ein Leichnam, worin

Der Geist ist eingekerkert –

Manchmal wird ihm unwirsch zu Sinn,

Er tobt und rast und berserkert.


Ohnmächtige Flüche! Dein schlimmster Fluch

Wird keine Fliege töten.

Ertrage die Schickung, und versuch,

Gelinde zu flennen, zu beten.


Quelle:
Heinrich Heine: Werke und Briefe in zehn Bänden. Band 2, Berlin und Weimar 21972, S. 209-210.
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