Scena tertia.

[704] Vincentius Ladißlaus. Syluester. Valerius. Iohan Bansser. Marschalck. Vincentius nahet sich wider zum Hertzog vnd spricht.


VINCENTIUS LADISZLAUS.

Es ist vns newlich wurdn erzehlt,

Das ewr Gnadn ein gut Music helt,

Wir wolten wol sie kehm herfür,

Wir habn vnser Music auch hier,

Wenns ewr Fürstliche Gnadn begehrn,

Sol sie sich allhier lassen hörn.

SYLUESTER.

Sie soll herkommen jtzund bald,

Seht das die Ewr auch werd bestalt.


Zum Marschalck.


Herr Marschalck, Habt jrs wol vernomn?

Last die Musicanten herkomn.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Domine Valeri, von stund

Bringt vnsr Music auch her itzund.

VALERIUS.

Edler vnd Ehrenuester Herr,

Ich vernehm Ewr Ehrnuest begehr,

Ich wolt jtzt mich erheben gleich,

Mit wirklicher vbung von euch,

Dieselb zuuerordnen heran

Weil es Ewr Ehrenuest wil han.

VINCENTIUS LADISZLAUS spricht weiter.[704]

Wir habn vns jederzeit beflißn,

Solchs auch in der Jugend thun müssn,

Da vns ist worden zu gerahtn,

Zu Ritterlichen Künstn vnd thatn,

Vnd sonderlich im fechtn vnd kempffn,

Da können wir bald einen dempffh,

Wie wir denn dermassen geschwindt,

Geübet, vnd erfahren sindt,

Das wir nicht gleuben, das dergleichn

In der Welt vns das Wasser reichn,

Ja wir sind deß Rappiers so mechtg,

Das können wir führen so prechtg,

Vnd einen auff den Kopff flugs stossn,

Da schlagen wir warlich keinen blossn,

Welchen auch wir vns nehmen für,

Der kriegt ein stoß drey oder vier,

Vnd wann ein ander denckt vnd meint,

Das wir noch gar weit von ihm seindt,

So hat er schon die Wehr im Leib,

Mag sehn, wie er den schadn vertreib,

Wie wir denn auch schon wissn bereit,

Wenn wir die Wehr hengn auff die seit,

Was wir gegen den Feind wolln brauchn,

Wie wir jhn wollen schlagn vnd stauchn,

Wir habens auch offtmals thun wagn,

Vnd etliche geraufft, geschlagn,

Ja offt vier oder fünff zugleich,

Die habn von vns bekomn ein streich,

Die schlugen wir zu bodem niedr,

Vnd wir wurdn nicht berüret wiedr,

Vnsr fechten ist auch nicht gemein,

Dann wir fechtn im Rappier allein,

In dem Rappier vnd welschen Dolchn,

Wie wir jtzt führen einen solchn,

Im Rappier vnd Mantel mit ziern,

Auch wol zugleich mit vier Rappiern,

Vnd wies nur müglich zuerdenckn,

So können wir vns damit lenckn.[705]

SYLUESTER.

Wir haben auch einn der fechten kan,

Wolt jhr einen gang mit ihm gahn?

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Wir wolln ewr Gnaden thun bericht,

Wir fechten aber anders nicht

Als scharff, sonst nicht, vnd mit der Wehr,

So wir auff der Seit führen her.

SYLUESTER.

Ey das dörfft jhr mich nun nicht lehrn,

Man ficht auch wol in stumpffen Wehrn,

Iohan, geh mit jhm einen Gang,

Die zeit die wird vns sonst zu lang.


Vincentius vnd Iohann Bansser legen die Mäntel ab, nemen die Rappier, vnd gehen zusammen, vnd wie Iohann zu jhm eindringet, weichet er entlich, vnd spricht.


VINCENTIUS LADISZLAUS.

Ey was wir mögen jtzt nicht fechtn,

Er ficht lincks, vnd wir mit der Rechtn,

Wir habn vns nicht gewehnt dazu,

Vnd ist ohn deß gar hitzig nu,

Wir möchten einen spott einlegn,

Vnd würde sich ein lachn erregn,

Vnser Schreiber Valerius,

Der thut es gerne ohn verdruß,

Soll vom newn einn Gang mit ihm gehn.


Vincentius ad Valerium.


Domine Valeri lasst sehn,

Hebt auff im Tolch vnd im Rappier,

Einn gang zween, drey, oder gleich vier,

Wie jr wisst hie, vnd vor der zeit

Von vns wol vnterwiesen seid.

VALERIUS.

Edler vnd Ehrenuester Herr,

Ich vernehm ewr Ehrnuest begehr,

Ich bin bereit solches zu thun,

Abr es kömpt da die Music nun.[706]

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Ey so wolln wir es lassen bleibn,

Die zeit mit der Music vertreibn.


Inmittelst kömpt die Musica. Des Hertzogen Instrumentisten Musicieren erstlich, denen hört er mit grosser Wunderung zu, der Hertzog fraget jhn.


SYLUESTER.

Herr Oberster was düncket euch,

Ist vnser Music ewrer gleich?

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Zimlich, aber wenn sich lest hörn

Vnser Music, sagn wir bey ehrn,

Wird man bald hörn ein vnterscheid,

Das sie vngleich sind alle beid.

SYLUESTER.

Wie gefeit euch denn vnser Baßist?

VINCENTIUS LADISZLAUS.

So zimlich wol, als er denn ist,

Wir haben aber vor der zeit

Einen gehört, war vber jn weit,

Der brumt so starck, das ein gewelb

Obn in der Kirchen von sich selb

Enzwey burst, als wir drinnen wehrn,

Vnd wenn er nicht hett müssn auffhörn,

Wer das gewölb gar eingefalln,

Vnd vns erschlagen ein mit alln.

IOHAN BANSSER.

Der Kalck ist leiden schlim gewest,

Vnd das gewölb nicht gschlossen fest,

Der Meister, der es auch gemacht,

Hals nicht genomn in gute acht,

Mus vnuerstendig sein vmbgangn,

Vnd es nicht recht habn angefangn.

SYLUESTER.

Wie gfelt euch denn der Discantist?

Wisst jr einen der besser ist?

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Er ist zimlich gut, kan paßirn,[707]

Abr wir habn einn hört musicirn,

Der so lieblich sung auff ein zeit,

Vnd vbertraff des sein stim weit.

SYLUESTER.

Was war es doch für ein gesang?

Wars denn so ein lieblicher Klang?

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Wir wollens ewr Fürstlichn Gnaden sagn,

Wie sichs damit hab zugetragn,

Als wir einmal ein Reiß vernahmn,

Vnd wie wir wiedr zu Hause kamn,

Hörten wir gar ein lieblichen Gsang,

Das wir vor Lieb wurden gar kranck,

Vermeinten anders nicht allda,

Dann das es wehr ein schön Jungfraw,

Do wir vns aber sachen vmb,

War es ein Storch mit seiner stim,

Der stundt auffm Dach sang das es prangt,

Nach grüner Farb mein Hertz verlangt.

IOHAN BANSSER.

Das passirt vor einn lieblichn Gsang,

Ich hört einmal, es ist nicht lang,

Ein Wachtel sung gar lieblich auß,

Ein sondrlich Melodey gar krauß,

Wer weiß obs war ist, obs ist war,

Wahr ists was die Leut sagen dar.


Vincentius wird zornig, vnd spricht.


VINCENTIUS LADISZLAUS.

Wer? was? wie? Heisset jhr vns lügen?

Meint jhr wir wolln jhr Gnadn betriegn?

IOHAN BANSSER.

Behüt vns beyden Gott dafür,

Ich heiß euch jo nicht lügen hier,

Ich sag bericht wie es geklungn,

Vnd was die Wachtel vor wort gesungn.

SYLUESTER.

Herr Oberster, verschafft doch schnell,

Das sich ewr Music auch einstell.[708]

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Wans nur ewr Fürstlich Gnad wil han,

Domine Valeri, hört an,

Lasst vnser Music kommen nehr,

Vnd bringt vns das Pandor hieher,

Wir wollen selber auch mit spielnn,

Bringt vns auch ein par Federkielnn.


Immittelst traten sie zu jm, vnd er spricht weiter.


Gnediger Herr wir fragen mehr,

Vnd bitten vmb Verzeihung sehr,

Brauchn ewr Gnadn Instrumentistn auch

Die Querpfeiffn, wie sie im gebrauch?

SYLUESTER.

Ja solln sie nicht, wie fragt jhr so?

Ich gleub sie habn sie bey sich do.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Es felt vns jtzundt etwas ein,

Das ewr Gnaden wird wunder sein

Das wir dasselb erzehlen müssn,

Wens ewr Gnaden nicht thet verdriessn,

Wir habn ein Papegogn gehabt,

Der war graw, vnd also begabt,

Das er auff der Querpfeiffen kundt

So lieblich Pfeiffen mit seinem Mund,

Das wirs auch gleuben nimmer nicht,

Das ein Mensch so sey abgericht,

Auch nicht solte gefunden werdn,

Ders jm nachthet auff dieser Erdn,

Vnd er ist vns worden verdorbn,

Das er auff dieser reiß gestorbn,

Sonst woltn wir ewr Durchleuchtigkeit

Denselbn verehrt habn jtzger zeit.

SYLUESTER.

Das wer mir gewest ein groß geschenck,

Ich hets auch wolln sein ingedenck.

IOHAN BANSSER.

Das wolt ich gern, das es geschehn,

Ich hett jn auch könn hörn vnd sehn,[709]

Denn ich verwundr mich vber die maß,

Wie er hab können machen das,

Vnd mit dem krummen Schnabel doch

Ein ansatz gehabt am Mundloch.

SYLUESTER.

Herr Oberster last doch einmal,

Ewr Music hören auff dem Saal.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Last sehn, singt erst, darnach wolln wir

Die Instrumentisten auch nemen für.


Sie Musicirn zusammen, Es ist aber falsch, was sie machen, vnd dissoniert durchaus, so wol im Singen als Instrumentiren. Nach dem Singen spricht Vincentius.


Nu habn wir Musicam Vocalem,

Last nu auch hörn Instrumentalem.


Vincentius stelt sich gar geschefftig mit dem Pandor zu stimmen vnd zu schlagen.


IOHAN BANSSER.

Nu vorwar das mus sagen ich

Das der Music verwundert mich,

Als ichs zuuor nicht gleuben kunt,

So mus ich doch bekenn jtzund,

Das ein groß vnterschied darbey

Von meines Herrn Music sey,

Aber wie ich jtzt hab vernomn,

Wo mir dergleichen ist vorkomn,

So wil ich nicht gesund auffstehn,

Noch hier von dieser stedte gehn.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Domine Valeri, greifft zu,

Nemt wiedr zu euch das Pandor nu,

Wir wolln damit machn ein endt,

Vnd tragts in vnser Losament,

Wir haben vns, vnd jhr auch all

Gnugsam bewiesen dieses mal.


Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 704-710.
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