Scena tertia.

[720] Syluester. Vincentius Ladißlaus. Iohan Bansser. Valerius, etc. Syluester gehet Vincentio entgegen, gibt jhme die Handt, vnd spricht.


SYLUESTER.

Herr Oberster, ewr glück wird komn,

Die Jungfraw hat den Ring genomn,

Vnd wil euch schrifftlich antwort gebn.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Ach nu erquickt sich vnser lehn,

Ewr Fürstliche Durchleuchtigkeit,

Hab grossen danck in ewigkeit.

SYLUESTER.

Sie salzt sich vbr, vnd ließ als bleibn

Sagt das sie wolt jr Gmüt euch schreibn,

Ich merck, das sie euch sehr ist holt.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Das nehmn wir nicht vor rottes Goldt,[720]

Ach vnser Hertz ist frewden voll,

Gott geb das vns gerahte wol.

SYLUESTER.

Herr Oberster wie hats gangen heut?

Ist euch auch lang gewesn die zeit?

VINCENTIUS LADISZLAUS.

O nein, wir, vnd die Diener all,

Warn jtzundt in ewr Gnadn Marstall

Vnd habn derselben Pferdt besehn,

Daran vns ist ein Gfall geschehn.

SYLUESTER.

So haben sie euch wolgefalln?

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Ja zimlich, aber vor den alln

Hattn wir ein Roß, deßgleichen wir woltn,

Das Ewr Gnadn ein solchs haben soltn.

SYLUESTER.

Was wahrs für eins? wars denn was werth?

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Es war ein Neapolitanisch Pferdt,

Das hattn wir abgericht der massn,

Das es kondt alles thun vnd lassn,

Was wir jm nur befehlen thettn,

Wenn wir gleich Ruttn noch Sporn nit hettn,

Welchs vor den Hünern vnd Hasen stundt,

Nicht andrs als ein vorstehnder Hundt,

Denn wir ritten einmal bey Nacht,

Da vns dasselbe Pferdt hinbracht,

Durch einen Busch im Walde fein,

Darinn war ein klein Wässerlein,

Das Pferdt, das spitzt die Ohrn, vnd stundt,

Da mercken wir wol was es begundt,

Vnd nahmen vnsern Stein herfür,

Welchn zu Venedig kauften wir,

Vnd der zuuor war Holtz gewessn,

Vnd auß dem Meer hernach erlessn,

Nach langer zeit ein Stein wordn war,

Vnd deß Nachtes scheine hell vnd klar,[721]

Die Tugendt bey jhm stets thet bleibn,

Das man dabey kondt lesn vnd schreibn,

Allda ersahen wir drey Hassn,

In einem Busch beysammen grassn,

Vnd wol drey hundert Enten fein,

Die schwummn da auff dem Wässerlein,

Erschossn davon nicht mehr als siebn,

Das sie daselbst liegend bliebn,

Denselben wir nicht durfften trawn,

Denn vns vielleicht ein Gspenst macht grawn.

IOHAN BANSSER.

Das Pferdt muß sein mit tugndt begabt,

Vnd ein gut scharff Gesicht gehabt,

Das es gesehn die Entn vnd Hasn,

Odr hat gehabt ein dünne Nasn,

Das es die Enten hat gerochn,

Ich gleub, vorher wol etlich wochn.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Imgleichen habn wir auch gehabt,

Ein Spannisch Pferdt, das war begabt,

Welches so offt es hat vernomn,

Vor König oder Königin zukomn

Odr sonst wann mans vor einen brecht,

Der gewesen wehr aus Herrn Geschlecht,

Hat es gefalln auff die Knie niedr,

Von einem auff das ander wiedr,

Vnd jhnen Reverentz gethan,

Das man ein lust da schawet an.

Darnach hat sichs vber drey stundn,

Auffm Platz eins Tisches breit gefundn,

Vnd sich getummelt ohn auffhörn,

Biß drey stunden vergangen wehrn,

Das auch zu vns als bald zur Handt,

Der König zu Hispanien sandt,

Ließ anzeigen, es Jammer jhn,

Des Pferdts, wir sollen doch abziehn.

Wie wir demnach abzögen dar,

Da tumlt sichs auff demselben Eyß,[722]

Noch vbr zwo stundn auff seine weiß,

Vnd rennten noch Curir dar auff,

Es gleittet auch kein mal im Lauff,

Vnd hette noch dazu kein Stahl,

Auff seinen Eysen vberall,

Do das der König nu erfehrt

Wolt er vns hau dafür verehrt,

Sechs tausent duppelt Ducatn,

Vnd zween schön Hengste wolgerahtn,

Wir aber thetens jm abschlagn,

Darüber auch, wir hörten sagn

Das er hefftig erzürnet wehr.

Dasselbe Pferd kondt niemandt mehr,

Als wir selber reitten allein,

Sonst niemand wolts gehorsam sein,

Vnd wann wir jm nicht allzeit ebn,

Ehe wir auffsassn ein Maulschell gebn,

So war es voll trawren vnd grim,

Vnd dacht wir zürneten mit jhm,

In Summa wir können nicht all

Des Pferdes Tugend erzehln zumal,

Denn es auch wiederholen kundt

Aus dem Wasser als ein Schießhundt.

IOHAN BANSSER.

Das ist ein köstlich Pferdt gewesn,

Dergleichn ich nicht gehört noch glesn,

O wann man der viel haben kundt,

So dürfft man nicht haltn so viel Hundt.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Das Pferdt wolt einmal vnser Knecht,

Bereittn, das ers in vbung brecht,

Vnd griffs etwas mit Sporen an,

Weils abr niemand als vns wolt han,

Vnd wolts nicht leidn, da warff den Knecht

Aus dem Sattel vnd Stieffeln recht,

Vnd welchs noch zuuerwundern war,[723]

Die Stieffel vnd Sporn gantz vnd gar,

In den Stiegbügeln stehen bliebn,

Das der Knecht brach im Leib drey Riebn.

IOHAN BANSSER.

Der Knecht muß mit den Füssen sein

Fest getrettn in die Bügl hienein,

Odr sonsten vbel habn gesessn,

Ihm hat nicht wol geschmeckt das essn.


Silentium.


VINCENTIUS LADISZLAUS.

Ewr Gnadn werdn auch ohn zweiffel han,

Ein guten Reitschmidt, der was kan?

SYLUESTER.

Ja es sind etlich Schmiede hier,

Ahr wes halben fraget ihr?

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Wir haben einen Schmiedt gehabt,

Der war mit solcher Kunst begabt,

Das er ein gantzes Regiment

In vollr curir einm Pferdt behendt,

Ein Eysen aufzuschlagen begundt,

Vnd jhm am renn nichts hindern kundt.

IOHAN BANSSER.

Der Schmidt muß trawn gewißlich fein

Seinr Kunst ein Meistr gewesen sein,

Ein grade Faust halt er gehabt,

Muß auch lang sein damit begabt.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Wir müssn Ewr Gnadn noch eins berichtn,

Weil wir reden von solchn Geschichtn,

Von einem abgerichten Pferdt,

Das wegn der Tugendt war viel werth,

Ewr Gnaden werdens glauben kaum,

Doch ists geschehn, es ist kein Trawm.

Wir hattn ein Pferdt gar außerlesn,

Mit dem wir einmal außgewesn,

Vnd satztn mit jhm in ein Moraß,

Der war tieff, sumpfig, vnd voll Graß,[724]

Da riß das Pferdt ab all vier Eysnn,

Wie wir nun ferner wollen reisnn,

Vnd solchs im reittn vermerckten fort,

Kehrtn wir vns wider zu dem ort,

Da war das Pferdt so abgericht,

Das es gerad die Eysen krigt,

Gleich alle vier in einem Sprung,

Vnd vns so wunderlich gelung,

Das sich die Nägel wiedr zu zogn,

Vnd in die krüm auch fein zu bogn,

Das also das Pferdt gantz vnd gar;

Mit allen Eysn versorget war,

Wie wir dennoch acht grosser Meiln,

Am selben tage thetn ereyln,

Vnd deß Abends da wir zu Hauß,

Da war nicht ein Nagel herauß.

IOHAN BANSSER.

Das ist gewesn ein grosses glück,

Welchs nicht allzeit so ist im Gschick,

Vnd wenn man hett viel solcher Pferdt,

Die weren trawn viel gülden werth,

So dürffte man den Schmieden ebn,

So viel Geldt zubeschlagn nicht gebn.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Wir müssn Ewr Gnadn noch eins hersagn,

Was vor ein Gschicht sich zugetragn,

Mit vnserm Leibroß, welchs war trawn

Ein schöner Gaul Kastanien braun,

Mit dem ist es vns wiederfahrn,

Nur newlich kaum vor zweyen Jahrn,

Das hiessn wir vnsern reisign Knecht,

Das er es zeumt vnd sattlt zu recht,

Vnd führts vor vns her aus dem Stall,

Da trug sich zu ein solcher fall:

Als wir vns von dem Firmament

Der Erden, auff das Pferdt behendt

Erheben wollen vnd auffschwingn,

Da thet das Pferdt recht von sich bringn,[725]

Vnd wurff aus dem Mastdarm gar bald,

Natürlich Eyer wolgestalt,

Vnd da wir sachen rufftn wir vmb,

Vnsern Schreiber Valerium,

Dem wiesn vnd zeigten wir es an,

Welchs vns groß wunder hat gethan.

VALERIUS.

Edler, Ehrnvester Juncker mein,

Ich muß ewr Ehrnvest Zeuge sein,

Das ich die Eyer vom Element

Der Erden, nam in meine Hendt

Ihr waren sieben an der zahl,

Die hieß ich sie sieden allzumal,

Verzehrt sie auch in einer stundt,

Gar bald in meines Magens schlundt,

Vnd sind mir, Gott lob wolbekomn,

Wie ich nicht anders hab vernomn.

VINCENTIUS LADISZLAUS.

Es ist vns abr in newligkeit

Das Pferdt schendlich bey winters zeit,

Von einem Wolff zu tod gebissn,

Vnd ganz vnd gar in stücken zerrissn,

Sonst hetts ewr Gnaden haben solln,

Welchs wir jhr hettn verehren wolln.

IOHAN BANSSER.

Das wehr gewest ein Edl Geschenck,

Deß man hett sein könn ingedenck,

Ewr Fürstliche Durchleuchtigkeit,

Kundt dasselbe ein lange zeit,

Als ein Meerwundr zu sehn verwahrn,

Welchs man doch niemals hett erfahrn.


Immittelst kömpt ein Junge, vnd bringet Vincentio einen Brieff von der Jungfrawen Angelica, welchen Brieff der Junge, vnter dieser letzten Historien

erzehlung dem Valerio stillschweigend oder mit heimlicher anredung vberantworten kan, Valerius gibt jn dem Vincentio vnd spricht.


VALERIUS.

Edler, Ehrnuester Juncker mein

Der Brieff soll an Ewr Ehrnvest sein,[726]

Den bracht ein Knab hieher jtzundt,

Batt mich jhn euch zu gebn von stundt.


Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 720-727.
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