Argvmentvm Actvs qvinti.

[675] Im fünfften Act geht Vincentius

Mit seinen Dienern nach dem Schloß,

Treibt großen pracht vnd vbermut,

Sein Schreiber er anreden thut,

Daß sie solln darauff achtung gebn,

Ob auch sein Mantl heng recht vnd ebn,

Ob auch die Kettn am hals gleich hangn

Das heist jo lauffn mit der Leimstangn,

Der Lackey muß auch sehen zu

Ob jhm geputzet sein die Schu,

Da kompt der Fürst entgegn gegangn,

Vincentius thut erst anfangn,

Vnd brauchet grosse Centner wort,

Dergleichen man nicht viel gehort,

Nimpt sich in sinn, vnd sagt ohn schew,

Daß an jhm gros gelegen sey,[675]

Vnd daß der Fürst an jhm werd han,

Ein hochverstendigen Kriegsman.

Iohan Bansser die Antwort thut,

Sein Gnedigr Herr nems an vor gut,

Daß ein solcher Held angekomn,

Vnd habs mit grossen frewdn vernomn,

Vincentius sich brüstet sehr,

Vnd rühmbt sich grosser Händel mehr,

Der Marschalck muß die malzeit bstelln,

In des Vincentius thut erzeln,

Gar seltzame Renck vnd Geschieht,

Was er in Kriegsleufftn außgericht,

Iohan Bansser thut jhm sein Sachn

Kurtzweilig aufflösn vnd verlachn,

Vincentius fehrt jmmer fort

Vnd hat allzeit das grosse wort,

Wie er mit grossr behendigkeit

Geschicket sey zum Krieg vnd streit,

In dem nu wird die Tafl bereit

Kömpt die Hertzogin zur Mahlzeit,

Mit dem Frawnzimmer auch herbey,

Vincentius geht auff die rey,

Gibt jhn mit Reuerentz die Hand

Stelt sich höfflich, macht sich bekand,

Der Hertzog mit seinem Gemahl

Setzt sich mit dem Frawnzimmer all,

Vincentz wil nicht zur Tafel gehn,

Daß der Hertzog selbst muß auffstehn,

Vnd jhn bey der Hand hinzu führn,

Damit man jhm jo mag hofiern.

Am Tisch er sich gar höfflich helt

Credentzn vnd fürlegn auch bestell,

In deß ein Jungfraw seiner lacht

Die hat er stets in guter acht,

Er bild sich ein sie hab jhn lieb,

Vnd also bey der meinung blieb.

Weil nu die Mahlzeit wird gethan,

Kömpt ein Bawrsman herein gegahn,[676]

Welchem sein Fraw ist abgestorbn,

Vnd hat jhm ein andre geworbn,

Seins Schultzen Tochter sie sein sol,

Sagt daß sie jhm gefalle wol,

Vnd bringt etlich der Bossen viel,

Damit er frölich macht diß Spiel,

Nach dem fehl Vincentius an,

Bringt viel Historien auff die bahn,

Iohan Bansser thut jhn verlachn,

Vincentz lest sich nicht jrre machn.

Do nu die Mahlzeit ist geschehn,

Thun sie semptlich vom tisch auffstehn,

Vnd wird vom Hertzoge befohln,

Man sol die Musicanten holn,

Vincentius sein auch fordern lest,

Vnd helt die seine vor die best,

In des rühmbt Vincentius frey,

Daß er der beste Fechter sey:

Wie er nu sol einn gang mit gehn,

Kan er im Fechten nicht bestehn.

Des Hertzogs Musica kömpt an,

Mit singn vnd klingn thun sie anfahn,

Vincentio sie nicht gefelt,

Von seinr Music er viel mehr helt,

Die doch gar falsch ist in dem grund,

Dennoch er sie zu rühmn begund.

Endlich thut er sich vbn im springn,

Das wil jhm auch gar nicht gelingn,

Im tantzen er sich höfflich helt,

Weil jhm die ein Jungfraw gefelt,

Do nu das Frawenzimr abgeht,

Vincentius beym Hertzog steht

Klagt jhm in geheim sein anliegn,

Welchs er nicht halten kan verschwiegn,

Sein Gnadn wolln ein gut wort verleihn,

Vnd jhm die Angelicam freyn,

Damit auch sein ernst werd erkant,

Gibt er jhm ein Ring zu einm Pfandt,[677]

Darauff kriegt er guten bescheidt,

Daß er sol wartn ein kleine zeit,

Vnd so lang in den Marstall gehn,

Allda die schönen Pferd besehn.

Vincentius geht als bald hin,

Thut auch ein ander Kleid anzihn,

Diß wird geschehn im fünften theil,

Last euch doch nicht lang sein die weil.


Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 675-678.
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