Was gebe ich Ihm?

[111] Herr! nimmer soll dies schwache Herz

An Deiner Huld verzagen;

Du wirst es treu durch Freud' und Schmerz

Dereinst zur Heimath tragen.


Es soll nicht Freude, soll nicht Leid

Von Dir, o Gott! mich treiben;

Ich will in Zeit und Ewigkeit

Dein Eigenthum verbleiben. –


Ach! wäre doch die Erde mein

Mit ihren Blumenfeldern,

Mit ihrem Mond- und Sonnenschein,

Mit ihren grünen Wäldern,
[112]

Mit ihrer Vöglein Sang und Klang,

Die mich so lieblich grüßen:

Dir legt' ich sie aus Lieb' und Dank,

O Jesus! gleich zu Füßen.


Doch, Herr! Du hast mich wie die Welt

Ja selbst aus Nichts bereitet

Und hast Dein blaues Himmelszelt

Hoch über mich gebreitet.


Du hast die Kindheit mein gepflegt

Durch treuer Eltern Liebe,

Dein Wort mir früh in's Herz gelegt,

Auf daß es Wurzeln triebe.


Du hast den Engel mir verliehn,

Der hin zu Dir mich leitet,

Und hast, um mich zu Dir zu ziehn,

Die Arme ausgebreitet.


O, guter Herr! was kann ich Dir

Für all die Liebe geben?

Laß mich in Einfalt denn allhier

Zu Deiner Ehre leben.
[113]

Und laß mich Deine Treu' und Huld

Doch nimmermehr vergessen,

Laß Deine Gnad' und meine Schuld

Im Herzen mich ermessen.


Laß mich in treuer Liebe Gluth

Doch nimmermehr erkalten,

Und laß mich Dich, Du einzig Gut,

Recht fest im Herzen halten.


Münster, Sommer 1819.

Quelle:
Louise Hensel: Lieder. Paderborn 41879, S. 111-114.
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