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(Geburtstagsgruß.)
Wie rührt' ich sonst die Leier
So gern an diesem Tag
Und sang zur Morgenfeier
Die muntern Vöglein wach.
Ich sann in stillen Thränen
Der Wehmuth und der Lust,
Von Hoffen und von Sehnen
Bewegt in tiefer Brust.
Und Lied und holde Worte,
Was nur von Liebe spricht,
Das ging aus dunkler Pforte
An's helle Tageslicht.
[314]
Wie grüßte Dich so gerne
Auch heut' ein fröhlich Lied,
Das hell durch alle Ferne,
Durch alle Nebel zieht.
Ach, aber all' mein Singen
Und all' mein Leierspiel,
Das will mir nicht gelingen,
Das nutzet mir nicht viel.
Es lagern bange Sorgen
Um mein geängstet Herz;
Den Abend wie den Morgen
Ist immer wach der Schmerz:
Bis jede Schuld sich büßte
Und Gnadenworte wehn,
Willst, Armer, durch die Wüste
Mit wunden Füßen gehn.
Ich denke Deines Leides
Und weine für und für;
Ich denke Deines Streites
Und streite ihn mit Dir.
[315]
Und, Freund! in solchen Stunden
Da klingt kein Leierspiel;
Drum sei auch Du durch Wunden
Gegrüßet oft und viel;
Durch Jesu heil'ge Wunden
Und durch Mariä Schmerz,
Daran wohl mag gesunden
Jedwedes kranke Herz;
Damit wohl überwindet
Jedweder Kämpfer gut,
Darin wohl Ruhe findet,
Wer nirgendwo geruht.
Und der im Dornenkranze
Für Dich am Kreuz verschied
Und nun im ew'gen Glanze
Auf Dich hernieder sieht:
Der neige Seine Palmen
Dem frommen Streiter hin
Und wecke Dir zu Psalmen
Den schwer gedrückten Sinn;
[316]
Der wolle Siegesfreude
Und Frieden Dir verleihn,
Der woll' im heil'gen Streite
Dir Schild und Harnisch sein!
Drum wende Deine Tritte
Vom falschen Glanze fern
Und baue Deine Hütte
Im Gnadenlicht des Herrn.
Dann wird mit ew'ger Krone
Dein Ringen Dir gelohnt
Dort, wo an Gottes Throne
Manch frommer Kämpfer wohnt.
Aachen, 1828.
Ausgewählte Ausgaben von
Lieder (Ausgabe von 1879)
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