Das neue Lied

[151] Ein neues Lied! ein neues Lied!

Gesundheit und ein froh Gemüth!

Wer unser neues Lied nicht kann,

Der fang' es heut zu lernen an

Und sei zu üben es bemüht:

Gesundheit und ein froh Gemüth!


Wem weiht sich unser neues Lied?

Der Schönheit, die das Herz erzieht.

Wer solche Schönheit lieb gewann,

Der stimme mit uns jauchzend an:

Sie lebe, die unsterblich blüht,

Die Schönheit, die das Herz erzieht!


Ihm, der für Recht und Wahrheit glüht,

Für Freund und Feind sich edel müht,

Nie Schlechtes thun und dulden kann,

Fecht' ihn auch Haß und Mißgunst an,

Ihm, Freunde, singen wir dies Lied,

Dem Edelsten, der vor uns blüht.


Der neuen Zeit, die vor uns blüht,

Dem Blick, der in die Zukunft sieht.

Wer für die Nachwelt leben kann,

Ist, auch verkannt, ein sel'ger Mann;

Ihn ehret froh der Zeiten Lied;

Glückauf der Zeit, die vor uns blüht!


Noch einmal stimmet an das Lied

Der Kraft, die Herz an Herzen zieht![151]

Ihr weihen wir uns Hand in Hand

Und knüpfen ein unlösbar Band:

Der schönsten Kraft, die in uns glüht,

Dir, Freundschaft, Liebe, Hochgemüth!


Quelle:
Johann Gottfried Herder: Werke. Erster Theil. Gedichte, Berlin 1879, S. 151-152.
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