Ursprung des Ideals

[155] Nach dem Italienischen


In schönster Anmuth glänzten Mond und Sonne

Dem Sitze der Natur im Paradiese,

Als sie Dein Antlitz schuf, o Cölirosa,

Und es mit Reiz und allen Zügen schmückte.


Die Lust war heiter, wolkenlos der Himmel,

Und Heiterkeit mit allen Göttern schwebte

Zu Dir hernieder. Also wölbte sich

Die Stirn, das Auge; Pallas rührte sie,

Die Wange Kypris, und die Lippen Pitho,

Das Augenbran Aglaia, und Eros,

Er wiegte sich auf Deinen Augenlidern.


Und Zeus und Juno sahen freundlich an

Das ungesehne Werk voll süßer Einfalt

Und nannten's der Natur Idee und schenkten

Den Menschen es zum schönen Ideal.


Laß andre Künstler, Dichter schöne Glieder,

Der Eine dies, der Andre jenes preisen,

In Dir vereinte sich des Schönen Schönstes.


Quelle:
Johann Gottfried Herder: Werke. Erster Theil. Gedichte, Berlin 1879, S. 155.
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