27.

[247] Trauer war noch in Zamora

Um den Tod des großen Königs

Don Fernando, tiefe Trauer.

Überhängt mit schwarzen Tüchern

Waren Kirchen und Altäre;

Kein Gesang, kein Ton der Freude,

Auch kein Instrument der Liebe

Ließ sich hören auf den Gassen.

Die Infantin Doña Uraca,

Schmerzlich bitter weinte sie

Um den Tod des großen Vaters,

Um den Gram, den sie ihm sterbend

Noch in seiner letzten Stunde

Zugefügt, um seine Güte,

Um das Unglück ihrer Schwester,

Der vertriebnen Doña Elvira,

Um das Unglück ihrer Brüder,

Don Garzia, Don Alfonso;

Und – wer sollt und könnt es glauben?

Noch beweint im tiefsten Herzen

Einen andern Wunsch Uraca.

Den Verlust wird sie beweinen,

Wenn sie jeden längst vergaß.


Denn dem Glück, geliebt zu werden,

Gleicht kein ander Glück auf Erden;

Die geliebte Schäferin,

Sie allein ist Königin.


In dergleichen Gramgedanken

Tief versenket saß Uraca,

Als auf einmal vor den Toren

Von Zamora Cid erscheint.[247]

Quelle:
Herders Werke in fünf Bänden, Band 1, Weimar 1963, S. 247-248.
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Der Cid unter Ferdinand dem Großen.
Herders Cid: Neu Durchgesehene Aufl, Volume 22 (German Edition)