10.

[208] Nie erscholl ein Ruhm gerechter,

Größer nie als Don Rodrigos;

Denn fünf Könige der Mauren,

Mauren aus der Moreria,

Waren ihm Gefangene.


Und nachdem er mit Vereidung

In Vasallenpflicht und Zinspflicht

Sie genommen, sandt er alle

Wieder in ihr Land zurück.
[208]

Als nach sieben langen Jahren

(Nie wär er von ihr gewichen)

Don Fernando jetzt die feste

Stadt Coimbra, fest durch Mauern

Und durch Türme, überwand,


Weihet' er der Mutter Gottes

Die prachtvollste der Moscheen;

Hier in diesem heilgen Tempel

Hielt Rodrigo Ritterwacht.


Hier mit eignen Königshänden

Gürtet ihm das Schwert der König,

Und die Königin, sie führet

Selber ihm den Zelter zu.


Die Infantin, Doña Uraca,

Schnallt' ihm an die goldnen Sporen;

»Mutter«, sprach sie, »welch ein Ritter!

Einen schönern sah ich nie!


Glücklich ist das Bauermädchen,

Die ihn ohne Scheu des Vorwurfs

Unanständig-niedrer Sitte

Lang anschauen nach Gefallen,

Ohne Scheu ihn sehen darf.

Glücklicher ist die Gemahlin,

Die ihm zuführt seine Mutter,

Ihm, dem Schönsten, den ich sah.«


Also sprach die Königstochter;

Doch nicht mit der Rosenlippe,

Tief nur im verschwiegnen Busen

Sprach also ihr stilles Herz.[209]

Quelle:
Herders Werke in fünf Bänden, Band 1, Weimar 1963, S. 208-210.
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Herders Cid: Neu Durchgesehene Aufl, Volume 22 (German Edition)