Der dritte Auftritt.

[39] WILHELMINE allein. Ach ich Unglückselige! Valer und ich verrathen, und das durch meine Unvorsichtigkeit – Ich in den Armen eines andern – Er unglücklich – und warum? weil seine Uhr steht, weil er nicht seine Theetage hält, oder weil er nicht Sonntags braunen Kohl ißt. – Welchen Grillen hängt mein Vater nach – und ich soll ihm gehorchen – einem Manne gehorchen, der mein Herz durch tausend harte Begegnungen wider ihn aufgewiegelt hat, und der, um mich vollkommen unglücklich zu machen, mich nach seiner Taschenuhr verheirathen will. Ein grausamer Vater! doch vielleicht ist ers weniger, als ich mirs einbilde – wie zärtlich liebte er meine selige Mutter – und seine harte Begegnungen gegen mich, sind sie wohl auf eine andere Rechnung, als auf die seines wunderlichen Karakters zu schreiben? – Noch hör ich die Stimme meiner sterbenden Mutter: Ehre deinen Vater, und du wirst glücklich seyn. Ich will ihn ehren und Valer – hat er nicht selbst Schuld an seinem Unglück? Warum geht er nicht mit meinem Vater auf einem solchen Fuße um, als es sein Eigensinn fordert – und kenne ich auch wohl Valeren ganz? – Was für Schwürigkeiten für ein Frauenzimmer, das Herz ihres Liebhabers auszustudiren! Vielleicht ist er in der That zu unordentlich, für ein Mädchen, das so peinlich erzogen ist – Ach! Sie weint.


Quelle:
Gottlieb Theodor von Hippel: Der Mann nach der Uhr. Halle a.d.S. 1928, S. 39.
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Der Mann nach der Uhr, oder der ordentliche Mann
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