Zehnter Auftritt.

[246] Vorige. Philippine aus Nr. 2.


COMMISSAIR. Erzähle mir noch einmal, wie ist es Dir ergangen?

PHILIPPINE. Die Herrschaft mochte ein halbes Stündchen weg sein, da rief mich August zum Maskenball.

COMMISSAIR zu Ehrenthal. Und um zwölf Uhr fuhren Sie? Warum so spät?

EHRENTHAL. Amélie wollt' es so.

RICHARD. Sie liebte, sich erwarten, nach sich fragen zu lassen.

COMMISSAIR zu Philippinen. Weiter, mein Kind!

PHILIPPINE. Ja, nun gingen wir, – nein, erst kehrte August noch einmal um und ging hinein, um nach der Nachtlampe zu sehen, und ich mußte hier bleiben, und sollte mich nicht rühren. Da fiel mir wohl auf, daß auf dem Tische hier ein klein' Laternchen stand –

COMMISSAIR zu Ehrenthal. Also es war schon ein Fremder im Hause![246]

PHILIPPINE. Und, daß August 'was unterm Arm hatte, wie er zurückkam.

COMMISSAIR zu Ehrenthal. Die Chatoulle!

PHILIPPINE. Aber ich überging das, aus Ungeduld nach dem Balle! Nun führt' er mich bis zum Gensd'armen-Markt, da zeigt' er mir das Schauspielhaus und sagte: dort wäre Redoute drin, wo auch unsre Herrschaft wäre; denn mit Herrschaften sollt' ich tanzen, das hatt' er mir versprochen. Plötzlich sagte er: ich habe die Billets verloren, steh' man hier und warte, ich will rasch gehn und kaufen and're! Nun rannt' er fort, und ich stand und stand und fror – ich dachte an zu Hause, daß Alles aufstand – an das Kind – daß August auch wohl gar in der Eile die Hausthür' nicht zugeschlossen hätte; – aber wer nicht retour kam, das war August. Endlich geht ein Mann vorbei, den frag' ich, der lacht mich aus und sagt: es hat Sie Einer zum Besten gehabt, und nehm' Sie sich man in Acht, daß Sie nicht aufgegriffen wird. Na nu kriegt' ich's Laufen, und fing an zu weinen, und weinte bis hierher – und wie ich hier war – Sie bricht in Thränen aus. aber darauf lass' ich mich todt schlagen, Niemand ist's gewesen, als die Dörthe, denn es ist ihr Messer und ihr Tuch – und das ist mir erst vorhin wieder eingefallen, sie hat mit unsre selige Madame gestern lauter Verdruß und Zank gehabt.

RICHARD. Ja, so schwer es mir fällt, gegen sie zu zeugen, bestätigen muß ich, daß sie sogar Drohungen ausgestoßen, und sich die heftigsten Aeußerungen gegen Amélie und das Kind erlaubt hat.[247]

EHRENTHAL. Vereinigt sich denn Alles zu ihrem Verderben?

COMMISSAIR. Wie Sie nur noch schwankend sein können?


Quelle:
Karl von Holtei: Theater. Ausgabe letzter Hand in sechs Bänden, Band 1, Breslau 1867, S. 246-248.
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