10.

[503] Ich schwamm auf purpurner Galeere

Durchs dunkelblaue Griechenmeer,

Da auf der Insel der Cythere

Traf ich den Juden Ahasver.

Und weiter fuhren die Gefährten,

Er aber ward mein Weggenoss

Und sprach: Nun zeig ich dir die Gärten,

Die Gärten des Okeanos!


Die Welt, ich habe sie durchmessen,

Doch farblos schien mir Luft und Land;

Nur ein Bild hab ich nie vergessen,

Nur eins ist werth, dass es entstand:

Das ist die Zukunft der Verklärten,

Das ist des Meergotts grünes Schloss,

Das sind die wunderbaren Gärten,

Die Gärten des Okeanos![503]


Ich weiss, du bist ein deutscher Dichter,

Und ewig ruhlos bist du auch,

Wir sind zwei ähnliche Gesichter

Und um uns weht der gleiche Hauch.

Doch komm, der Kummer, den wir nährten,

Wankt wie ein thönerner Koloss,

Wenn wir uns tummeln durch die Gärten,

Die Gärten des Okeanos!


Er sprach's, wir thaten's und die Jahre

Sie rollten tönend drüber her,

Doch immer ist mir's noch, ich fahre

Durchs dunkelblaue Griechenmeer.

O, dass die Götter mir gewährten,

Dereinst, wenn sich mein Leben schloss,

Ein selig Ende in den Gärten,

Den Gärten des Okeanos![504]


Quelle:
Arno Holz: Buch der Zeit. Berlin 21892, S. 503-505.
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