3.

[233] O, wie so oft hab ich gesessen

Auf moos'ger Bank am Buchenhag

Und sann beglückt und selbstvergessen

Dem Räthsel Deines Wesens nach!

Dann sang am waldverschwiegnen Orte

Ihr hohes Lied die Maienfee,

Und jedes ihrer süssen Worte

Fiel mir ins Herz wie Blüthenschnee;

Und jedes ihrer süssen Worte

Klang mir wie Deutung Deines Seins

Und golden that sich auf die Pforte

Und ich und Du, wir waren Eins!


Und doch; wenn Du dann kamst und lächelnd

Die Anmuth Dir zur Seite ging,

Und süsser als der Maiwind fächelnd

Dein weicher Odem mich umfing:[233]

Dann war dahin, was kaum gewesen

Und was nur dunkel mir geschwant,

In Deinen Augen konnt ich's lesen,

Von Wundern, die ich nie geahnt;

In Deinen Augen konnt ich's lesen,

Was ich gewann, was ich verlor,

Und süsserschreckt schien mir Dein Wesen

Nur räthselhafter als zuvor![234]


Quelle:
Arno Holz: Buch der Zeit. Berlin 21892, S. 233-235.
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