Als ein guter Freund den Doctor-Hut überkam

[166] Wenn/ Hochgeehrter Freund/ die Poesie mich treibt

Auf deinen Ehren-Tag was frohes aufzusetzen/

So glaube/ daß der Kiel aus treuen Hertzen schreibt/

Und dein verdientes Lob so rein/ als mein Ergetzen.

Denn was mich rühren soll/ muß wahre Freundschafft seyn/

Ein Tugend-voller Geist/ und Wissenschafft darneben/

Und itzo trifft der Zug bey mir vollkommen ein/

Daß meine Poesie bey deinem Ruhm will leben.

Denn dieser blüht vor sich/ ich letze mich nur dran;

Und deiner Feder ist samt der gelehrten Zungen

Diß alles/ welches dir zum Ruhm gereichen kan/

Mehr schön und gründlicher/ als heute mir gelungen.

Gelehrsamkeit/ Verstand und Klugheit sind die drey/

Die Edle Musen einst zu Rechts-Gelehrten machen.

Was nun darzu gehört/ fällt dir am besten bey/

Du findest/ suche nur/ sie selbst in deinen Sachen.[166]

Es schicket sich darzu der muntre Frühling nicht.

Apollo kan sich schlecht auf junge Reiser stützen.

Wenn andere zu früh der Ehre-Kützel sticht/

Als ob die Weißheit auch im Nahmen könne sitzen:

So spahrt die Klugheit diß in deine Sommers-Zeit/

Da alles reifft und brennt/ da alles Früchte träget.

Zwar weiß ich allzuwohl/ daß aus Bescheidenheit

Mein Wehrter Freund sich nie die Ehre beygeleget.

Doch die gelehrte Welt belohnet so den Fleiß/

Wer in ihr leben will/ muß ihre Würden haben.

Und ob ich allzuwohl von deiner Tugend weiß/

So weiß die Tugend auch von deinen edlen Gaben.

Ich wünsche Glück darzu. Ihr Musen aber seht/

Ein Edler tritt anitzt in den gelehrten Orden/

Von dem zu seinem Ruhm die seltne Frage geht:

Warum Herr H – nicht eher Doctor worden.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 166-167.
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