Cantata von dem Land-Leben

[153] Aria.


1.

Beblümte Felder/

Ihr grünen Wälder/

Vergnügt die Brust.

Schlafft ein ihr Sorgen:

Denn alle Morgen/

Wacht meine Lust.


2.

Wer sich vergnügen/

Den Neid besiegen/

Und frey will seyn/

Schließ in die Auen

Hertz und Vertrauen

Bey Zeiten ein.


Du edles Leben auf dem Lande!

Hier sitzt man recht in dem beglückten Stande/

In dem der erste Landmann saß.[153]

Was Adam eines theils im Paradieß genossen/

Ist hier zu unsrer Lust entsprossen.

Es fällt auf das beperlte Graß

Ein güldener Vergnügungs Thau.

Hier wird man nicht von vielen Sorgen grau.

Nichts gifftiges wächst in dem Lust Revier,

Noch eine Hoffarts Blume hier.

Die Freyheit blüth dabey auf allen Zweigen.

Du – – große Handels Stadt/

Die so viel Gold/ als Falschheit in sich hat/

Trifft deine Kostbarkeit

Mit unsrer Land-Lust ein:

In der Zufriedenheit

Zum höchsten Gipfel steigen/

Vollkommen frey/ und dennoch ehrlich seyn?

Ich sage Nein.


3.

Hier hat Liebe

Zu ihrem Triebe/

Vollkomne Ruh.

Küßt uns die Schöne/

Stehn ihre Söhne

Und gleichfals zu.


Drum gute Nacht du große Stadt/

Die fast so viele – – – hat/

Als schöne Weiber drinnen sind.

Das Land bringt uns so leicht kein fremdes Kind.


Aria.


Letze dich vergnügte Seele/

Weide dich doch satt allhier.[154]

Bey der Freyheit-Paradieß

Liegt/ was sonsten göttlich hieß/

Reiner Liebe Lust-Revier,

Letzte dich vergnügte Seele/

Weide dich doch satt allhier.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 153-155.
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