Als Tit. Herr Jacob Friederich Ludovici, J.U.D. auf der Hochl. Friederichs-Universität in Halle Professor Juris Ordinarius ward/

[229] Im Nahmen eines andern.


Zwar Glück und Tugend sind nicht allezeit verbunden/

Die Ehren Sonne scheint auch Distel-Köpfen wohl.

Hier aber hat Verdienst den rechten Preiß gefunden/

Und der Gelehrten Stern regieret noch am Pol.

Die Zeit des Wartens muß man nach der Klugheit messen:

Gedult bekrönt das Glück. Die Ungedult allein/

Die zweifelt/ ob sie nicht der Himmel gar vergessen.

Ein Kluger schifft gemach/ und kömt in Hafen nein.

Ich sag'/ ein Kluger weiß/ daß Zeiten Rosen bringen.

Er streut den Saamen aus; wenn erstlich Dornen stehn/

So sincket nicht sein Muth/ es muß ihm doch gelingen/

Daß Blumen wahrer Lust aus seiner Arbeit gehn.

So tauget auch kein Wohl/ daß allzu jung gebohren.

Ein gar geschwindes Glück/ scheint auf den Kauf gemacht.

Die Frühlings Kinder gehn/ so schön sie sind verlohren;

Nur zeigt der späte Herbst/ was auch im Winter lacht.

So ist des Fleißes Frucht/ des Geistes sein Bemühen.

Was aus der Klugheit sproßt/ daurt durch die Ewigkeit/

Und muß so wie das Glück auf Ehren Stengeln blühen/

Das Glück Hoch-Edler Herr/ so Ihn und uns erfreut.

Wer ist wohl in der Zahl der holden Pierinnen/

Der Ludovicens Preiß und Wißenschafft nicht kennt?

Der/ da ihm sein Verdienst ein Ehren-Kleid will spinnen/

Nicht deßen Würde rühmt/ und von Vergnügung brennt?

Wie trefflich/ daß der Schmuck Astræons Ihm muß laßen!

Gewiß/ als ob der Rock ihm schon vorlängst gebührt.[230]

Der Tugend Diamant in ächtes Gold zufaßen/

Wird von des Himmels Hand zu rechter Zeit vollführt.

Wer nur nicht müde wird/ zum besten sich zu wagen/

Und sonder Lohn und Pracht der Pflicht die Gnüge thut/

Muß Paimen der Gedult mit ihm/ Hoch-Edler/ tragen/

Und schauet auf sein Glück mit Wohlvergnügten Muht.

Den Ehren-Stuhl besitzt sonst manch verletzt Gewißen;

Kein Adler ist es stets/ der sich zur höhe schwingt.

Der ist vielmehr aus Raub/ als andrer wohl beflißen/

Der Böß' und ungelehrt sich zu dem Lehr-Amt dringt.

Was man ihm übergiebt/ erwarb zu vor die Tugend/

Eh' er sich drum bewarb; diß lobt die kluge Welt/

Diß bringt der Länder Wohl/ erbaut die Edle Jugend;

Diß hat sein Lehr-Amt längst auff guten Grund gestellt.

Wie er nun manches Buch aus bündig hat geschrieben/

So deutlich angenehm/ als gründlich lehren kan;

Und nie was nützliches den Musen schuldig blieben;

Wie sich in seinem Mund ein Brunnen aufgethan/

Woraus die Wißenschafft gleich Crystallinen fließet/

Wo mit er/ theurer Mann/ die Castallinnen tränckt;

So kömt des Hofes Gunst/ die sich auf ihn ergießet/

Und den verdienten Lohn Preißwehrter Tugend schenckt.

Ihr/ die ihr in dem Schooß Fridricianens sitzet/

Wo die Gelehrsamkeit vor andern herrlich prangt/

Und bey den Büchern nicht so viele Jahre schwitzet/

Da unsrer Lehrer Fleiß euch bald den Zweck erlangt.

Ihr die ihr unterm Schutz des theuren Adlers Flügeln/

Des Großen Friderichs/ vor andern seyd beglückt/

Erhebt sein Königs-Lob biß zu der Sternen Hügeln/

Und rühmet/ daß er heut euch gnädig angeblickt.

Wünscht diesem Salomon ein Nestor gleiches Leben:

Und bittet auch von Gott/ es wolle deßen Hand/

Hoch-Edler/ ihm die Zahl der vielen Jahre geben/

So Zahlreich als sein Ruhm in Teutschland ist bekandt.

Die Theuren Männer laß/ Gott im Seegen bleiben/

Die auf dem Saal-Athen klug/ redlich und gelehrt;

Ja die der Weißheit Krafft im Lehr und Leben treiben/

Daß wahre Tugend so den wahren Flor vermehrt.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 229-231.
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