Die Würckung der Music in der Harmonie der Gemüther bey einem vergnügten Hochzeit-Feste

[251] Im Nahmen eines guten Freundes.


Man sagt/ daß die Music vom Himmel sey gekommen/

Und bringe der Vernunfft das Urtheil selber bey:

Diß habe von der Welt den Ursprung nicht genommen/

In dessen Wunder-Krafft ein Göttlichs Wesen sey.

Ob man die Schmeicheley nun gleich hierinnen schmecket:

Gnug/ daß sie unser Hertz zu aller Regung zwingt/

Und den erstorbnen Geist so schön in uns erwecket/

Ja gleichsam durch den Thon ein neues Leben bringt.

So gar halb todte weiß Music gesund zu machen/

Die die Tarantula durch ihren Gifft verletzt.

Sie jagt die Grillen aus und bey den schwersten Sachen

Ist sie die Artzeney/ die Leib und Seel ergetzt.

Die Würckung hat sie auch bey unvernünfftgen Thieren:

Der Elephanten Wuht wird durch Music gelegt.

Der Delphin wird verliebt/ wenn wir die Saiten rühren/

Daß er den Arion durch Meer und Wellen trägt.

Ein Beyspiel/ daß sich wohl zu dieser Liebe schicket/

Die diesen schönen Tag zur süßen Freude nimmt.

An dem zwo Seelen sind durch den Accord entzücket/

Den wahre Liebe schön in gleichen Hertzen stimmt.[251]

An dem ein Arion/ der wohl auf Saiten spielet/

Ein der Music geneigt und artges Kind bewegt/

Daß es durch ihn den Trieb zum Ehestande fühlet/

Und ihn vergnügt durchs Meer der reinsten Liebe trägt.

Herr M – – den die Stadt hat zur Music genommen/

Nimmt zum Vergnügen sich die Jungfer – –

So geht/ die von dem Stamm recht edler Musen kommen/

Die Tugendhaffte Braut/ zu Musen wieder hin.

Das schönste Sinnen Bild von gleich gesinnten Hertzen

Bleibt nichts als die Music; so angenehm sie ist/

So süß und rein durchaus zwo gleiche Lauten schertzen/

So wunderschön auch stets ein gleiches Paar sich küßt.

Wohldann/ du wehrtes Paar/ das Tugend stets gezieret/

Von dessen Leben nur ein reiner Thon erklingt/

Das durch die Harmonie, die von den Sternen rühret/

Zum ewigen Concert Gemüth und Hertze bringt/

Der Himmel/ welcher euch so schön zusammen stimmt/

Laß eure Hertzen stets wohl accordiret seyn.

Und wie uns die Music die Sorgen offt benimmet:

So stelle sich bey euch niemahls ein Kummer ein.

Will die Tarantula des Neides euch verletzen/

So wird bey euch dafür in Tugend musicirt;

Und aller Feinde Haß ist dieser Ergetzen/

Die die Zufriedenbeit in Gott allzeit geführt.

Weil die Music auch schön bey schönem Wetter klinget:

So muß euch Glück und Wohl stets wie im Lentzen blühn/

Und was sonst Regen/ Sturm/ Wind Schnee und Nebel bringet/

Wie Wolcken in der Fern vor euch vorüber ziehn.

Noch eines fällt mir bey: Soll man Music wohl hören/

So muß es stille seyn; darzu schickt sich die Nacht/

Wo kein Geräusche sonst kan Ohr und Andacht stöhren/

Und wo ein zarter Thon sich viel beliebter macht.

So musiciret nur; ob wir es nicht erfahren:

So wünschen wir dennoch und glauben steiff und sest/

Daß sich/ der Himmel fügs/ in dreyen viertel Jahren

Von eurer Nacht-Music ein Echo hören läst.

Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 251-252.
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