Cantata von der Vergnügung bey dem Frühlinge

[57] Aria.


Angenehmste Zeit des Mäyen/

Meiner Hofnung Sinnen-Bild!

Deine Blüthen/ mein Verlangen

Werden einst mit Früchten prangen.

Du bist meiner Sorgen Schild/

Und vermagst mich zu erfreuen

Angenehmste Zeit der Mäyen/

Meiner Hofnung Sinnen-Bild.


Wer sich auf rechte Hofnung legt/

Legt seinen Leib auf Sammt und Seide.

Beliebter Lentz/ der tausend Blüthen trägt/

Du angenehmste Augen-Weide/

Du schönste Tochter der Natur/

Betracht ich nur

Die Augen-Lust/ die itzo lacht/

Die ihre Frucht im Herbste stets gebracht/

Die gleichsam aller zeit

Das Leben hat gegeben

So muß in mir die Hofnung gleichfalls leben

Die in des Winters Traurigkeit

Offt gantz erstorben war.

Was mir vor dem der Sorgen Noth gebahr/

Es werde mich nichts auf der Welt beglücken/

Zerreiß ich nun in hundert tausend Stücken.


Aria.


Weiche lange Sorgen Nacht/

Meines Glückes Frühling lacht.[58]

Wenn den Abend Sternen mahlen/

Gläntzt auch meine Hofnung schön/

Und pflegt mit Auroren Strahlen

Gülden wieder aufzustehn.


So Lustreich in dem Paradieß

Vor diesem Adam selber saß/

So ruht mein Geist auf diesem Lentzen Graß/

Das grün an lieblichen Gedancken.

So sanft in jenen Unschulds-Schrancken

Der Wind durch Edens Blätter bließ/

So bläst ein angenehmer West

In Blätter/ die an Hofnung fest.

Wie Baume voller Saft/

So bin ich voller Muth und Kraft:

Die Zeit befördre noch mein Glück.

Wie durch die Bäum Aurorens Glantz/

So spielt ein güldner Hoffnungs-Blick

Auch durch das Laub-Werck meiner Sinnen:

Ich werde noch den Preiß und Krantz

Von meiner Arbeit einst gewinnen.

Durch Hoffnung wird das Leben leicht/

Durch Hoffnung aller Schmertz verbunden/

Durch Hoffnung wird manch edles Ziel erreicht:

Die Hoffnung bleibt der Zucker aller Stunden.

Drum wehl ich mir den schönen Mäy/

Die Uberschrifft dabey:

Das Sinnen-Bild des gantzen Lebens/

Ist Hoffen und nicht stets vergebens.


Aria.


Schlagt ihr süssen Nachtigallen

Bey der Sinnen Frühlings Lust/

In der Stille meiner Brust.

Wo der Sorgen Macht erliegt/

Wo die Hoffnung hat gesiegt/

Muß so ein Triumph erschallen.

Schlagt ihr süssen Nachtigallen.


Quelle:
Christian Friedrich Hunold: Menantes Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte, Halle/ Leipzig 1713, S. 57-59.
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