Zweiter Auftritt.

[4] MATHIS kommt. Guten Tag, Herr?

ETSCHMANN. Danke! Endlich zurück? Wie sieht's aus?

MATHIS. Traurig.

ETSCHMANN. Sag's in einem Atem.

MATHIS. Sie ziehn ab.

ETSCHMANN. Ganz aus dem Lande?

MATHIS. Die Marschrout' ist bis Klagenfurt gemacht.

ETSCHMANN. Gib acht, sie halten an im Pustertal.

MATHIS.

Nein Herr, ich weiß das Gegenteil bestimmt.

Ich sprach mit Veit, dem Seidenwarenhändler,

Der alle Heimlichkeiten gründlich kennt.

Das Land ward aufgegeben.

ETSCHMANN.

O teurer, lieber Erzherzog Johann,

Wirfst du die Perle weg? Kannst du's ertragen?

Kannst du es, Kaiser Franz?

MATHIS.

Die Majestät

Des Kaisers hat geweint, als sie den Stillstand

Von Znaim bieten mußt', der uns verstößt.

Drauf hat der Erzherzog noch stets gehofft,

Im Glauben, daß der Krieg auf's neu beginne,

Die Schmach von dem Artikel zu vereiteln;

Drum zog der Chasteler und Baron Schmidt

Im Schneckengang hinweg aus unsern Tälern,[4]

Bis dann, gedrängt vom Feind und ihrem Wort,

Die höchsten Herren Eil gebieten mußten,

So sprachen zu mir Leute, die drum wußten.

ETSCHMANN. Und hast du von den Unsern nichts gehört? Andreas Hofer –

MATHIS.

Raufte seinen Bart,

Warf sich zur Erd' und weint' und betete.

Dann ging er fort vom Sand, und barg in einer

Felsgruft den Leib. Nicht lüstern sei er mehr,

Das Licht zu schau'n. Das war sein letztes Wort.

ETSCHMANN.

Die Führer fliehen, und zusammenbricht

Das Werk der Rettung!

SPECKBACHER ist eingetreten. Ach, warum nicht gar!

ETSCHMANN. Speckbacher!

MATHIS. Was?

ETSCHMANN. Wo kommst du her?

SPECKBACHER. Von Rinn.

ETSCHMANN. Nun, deiner hätt' ich heut' mich nicht versehn.

SPECKBACHER. Sorg' für mein Pferd, Bursch! Mathis ab. Kriegst viel Gäste!

ETSCHMANN.

Gäste?

Und du bist Speckbacher! – Ihr seid ...

SPECKBACHER.

Entschlossen!

Was geht der Stillstand uns von Znaim an?

Das Feuer brennt einmal in unsern Bergen,

So mag's zu Ende brennen! – Dir ins Ohr:

Mir ist's recht lieb, daß uns die weißen Röcke,

Die roten Hosen jetzt verlassen, denn

Es waren doch latein'sche Schützen nur,

Und hatten's falsch mit uns. Wenn meine Haut

Zu Markt ich trag', da will ich auch den Handel

Auf mein Gedinge schließen. – Nun hör' zu:

Sobald ich wußt', sie ziehn, Tirol bekommt

Hilf', wenn es selber sich zu helfen weiß,

Beschickt ich Pater Jochem, daß er schlage,[5]

Wann, wie und wo er einen Feind betreffe;

Denn dieses schien mir das Vernünftigste.

Nur keine Überlegung! – In dem Ratssaal

Sitzt Mutter Memme, kalt vor Angst, das heißen

Sie kühle Klugheit. Hofern sandt' ich Donay,

Hervorzutreten mit dem Landsturm

Von Meran und Passeier und Allgund.

Inzwischen hielt ich wach die Höhn,

Die vom Paschkoffel bis nach Volders streichen.

Es kann kein Franzmann seinen Kessel spülen

Im Inn, den meine Schützen nicht erblicken.

ETSCHMANN. Und Joseph, ich?

SPECKBACHER.

Schaust zu, schenkst Wein, schreibst an.

Das weiße Roß in deinem Wirtshaus-Schild

Gab ich als Zeichen an für unsre Freunde

Und meine Boten, die ich hier erwarte.

Sorg' nur für Brot und Fleisch und Pferdefutter,

Und Lagerstroh und Holz zur Feuerung,

Es wird wohl was lebendig bei dir werden.


Quelle:
Karl Immermann: Andreas Hofer der Sandwirt von Passeier. Bielefeld und Leipzig 1912, S. 4-6.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Anonym

Tai I Gin Hua Dsung Dschi. Das Geheimnis der Goldenen Blüte

Tai I Gin Hua Dsung Dschi. Das Geheimnis der Goldenen Blüte

Das chinesische Lebensbuch über das Geheimnis der Goldenen Blüte wird seit dem achten Jahrhundert mündlich überliefert. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Richard Wilhelm.

50 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon