Erstes Blatt

[261] Den sechzehnten Juni: Ausgerissen von Stuttgart.

Hab' mein Putzzeug im Wirtshaus stehenlassen.

Von der Rieke keinen Abschied nicht genommen. Ging zu rasch.


*


Den zweiundzwanzigsten Juni: Angekommen auf'm Schloß durch Pferdsturz.

Sehr viel Hunger und Durst gelitten. Flöh', Wanzen und sonstiges Ungemach.

Gefallt mir hier gar nicht.


*


Vor Wachs ... 3 Stüber

Vor blauen Zwirn ... 1 Stüber

Vor Sachen aus der Apotheke ... 18 Stüber

Vor einen Brief ... 12 Stüber

Vor waschen zu lassen ... 8 Stüber

Vor meinem Herrn vor eine gemeinnützliche Kollekte ... 3 Heller

was mir alles mein Herr noch zahlen muß.

Seit Lichtmeß keinen Lohn nicht gekriegt. Tut drei Gulden sechs Kreuzer per Monat, zusammen zwölf Gulden vierundzwanzig Kreuzer.


*


Den sechsundzwanzigsten Juni: Seit drei Tagen nichts zu fressen gehabt. An mein' Rieken kontinuierlich immerwährend gedacht. Ist kaum noch auszustehen. Sichtlich mager geworden.


*


O Rieke, dein Getreuer

Aus Schwaben oder Bayern,

Dem ist es nicht gegonnen,

Wenn abends sinkt die Sonnen,[261]

Daß er an deiner Brust

Dich kußt nach Herzenslust.


Vorstehenden Spruch gemacht gestern nacht als den achtundzwanzigsten Juni, da ich nicht schlafen konnt' von wegen Hunger und Flöh'.

Quelle:
Karl Immermann: Werke. Herausgegeben von Benno von Wiese, Band 3, Frankfurt a.M., Wiesbaden 1971–1977, S. 261-262.
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