Fünfter Zettelkasten

[102] Der Kantatesonntag – zwei Testamente – Pontak – Blut – Liebe


Die Frühlingsmonate kleiden die Erde neu und bunt, aber den Menschen meistens schwarz. Gerade wenn unsere Eisregionen zu fruchtbaren werden und die Blumenwellen der Auen über unsern Weltteil zusammenschlagen: so stoßen uns überall Menschen in Flören auf, deren Frühlingsanfang voll Tränen ist. Aber auf der andern Seite ist ja das Aufblühen der verjüngten Erde die beste Kurzeit gegen den Schmerz über die, die in ihr liegen, und Blumen verhüllen uns Gräber besser als Schnee. – – Der alte Lehrer des Konrektors, Astmann, begegnete im April, der weniger veränderlich als tödlich ist, dem Tode, der ihm das am Magen siechende Gehirn eindrückte. Man wollte seinen Abschied der Rittmeisterin verdecken; aber das ungewöhnliche Leichengeläute trug ihr seinen Schwanengesang ans Herz und setzte die Abendglocke ihres Lebens allmählich in ähnlichen Schwung. Alter und Leiden hatten an ihr schon dem Tode die ersten Einschnitte vorgezeichnet, daß er wenig Mühe brauchte, sie ganz zu fällen; denn den Menschen geht es wie den Bäumen, die lange vor dem Umsägen eingekerbet werden, damit ihnen der Lebenssaft entfließe. Der zweite Schlagfluß traf sie in geringer Entfernung vom letzten: es ist sonderbar, daß der Tod, wie Gerichte, die Schlagflüssigen dreimal zitieret.

Die Menschen schieben ihren letzten Willen gern so lange hinaus wie ihren bessern: die Rittmeisterin hätte vielleicht alle ihre Stunden bis auf die sprachlose und taube ohne Testament verrollen[102] lassen, hätte nicht Thiennette in der letzten Nacht, ehe sie aus der Krankenwärterin die Leichenfrau wurde, die Sieche auf den armen Konrektor gebracht und auf sein darbendes Leben und auf die schmalen Lebensdiäten und Alimentengelder, die ihm das Glück ausgeworfen, und auf seine leere Zukunft, wo er als gelbes mattes Gewächs in den trockenen Dielen-Fugen der Schulstube zwischen Schülern und Gläubigern welken werde. Ihre Dürftigkeit war ihr das Modell zur seinigen, und ihre innern Tränen waren die flüssigen Tuschen ihres Gemäldes. Da die Rittmeisterin nur für Domestiken testierte und bei den männlichen anfing: so stand Fixlein obenan – und der Tod, der ein besonderer Hausfreund des Konrektors sein muß, hob nicht eher seine Sense auf und tat den letzten Schnitt, als bis sein Muttersöhnchen mit vernehmlicher Stimme zum Testamentserben erkläret war: dann schnitt er alles ab, Leben, Testament und Hoffnungen. –

Als der Konrektor auf einem Wäschezettel seiner Mutter diese zwei Todes- und Hiobsposten in seiner Sekunda erfuhr: so war das erste, was er tat, daß er die Sekundaner entließ und in Tränen ausbrach, ehe er im Konrektorat angekommen war. Ob ihm gleich die Mutter mit geschrieben hatte, daß er im Testament bedacht geworden – ich wünschte aber, der Gerichtshalter hätte ausgeplaudert, wie viel es gewesen –: so fielen ihm fast mit jedem O, das er masorethisch in der deutschen Bibel assortierte und eintrug, große Tropfen in die Feder und machten die Dinte zu blaß. Ihn zerfraß nicht der poetische Schmerz des Dichters, der die klaffenden Wunden in Leichenschleier hüllet und den Schrei durch sanftes Trauergetöne bricht, noch der Schmerz des Philosophen, den ein offnes Grab in das ganze Katakomben-Geklüfte der Vergangenheit einschauen lässet und vor dem sich der Todesschatten eines Freundes zum Schattenkegel der ganzen Erde aufrichtet – sondern ihn preßte das Weh eines Kindes, einer Mutter, die schon der Gedanke – ohne Nebenbetrachtungen – bitter zerknirscht: »So soll ich dich nicht mehr sehen, so sollst du verwesen, und ich sehe dich, du gute Seele, niemals, niemals mehr.« Eben weil er weder den poetischen noch philosophischen Kummer hatte, machte jede Kleinigkeit einen Absatz, eine Lücke in dem[103] seinigen; und er war wie ein Weib noch denselben Abend fähig, sich einige künftige Gebrauchszettel seiner angekündigten Erbschaftsmasse zu entwerfen.

Vier Wochen darauf, d.h. den 5. Mai, wurden die Testamentssiegel aufgebrochen; aber er ging erst den 6. (am Kantatesonntag) nach Hukelum ab. Seine Mutter lief seinen Grüßen mit Tränen entgegen, die sie über die Leiche vergoß – vor Trauer – und über das Testament – vor Freude. – Dem zeitigen Konrektor Egidius Zebedäus war verehrt: erstlich ein adeliges großes Bette mit einer Spiegeldecke, in dem der Riese Goliath sich hätte umwenden können und an das nachher ich und die Leserin näher treten wollen, um es zu prüfen – zweitens wurde ihm als rückständiges Osterpatengeld für jedes Jahr, das er zurückgelegt, ein Zopfdukaten legiert – drittens sollen ihm alle Rezeptions- und Stationsgelder, die ihn die Kreuzeserhöhung in das Quintat und Konrektorat gekostet, bei Heller und Pfennig erstattet werden. – »Und weißt du denn« fuhr die Mutter fort, »was die arme Fröhlen kriegt? – Ach Gott! nichts! nicht den roten Heller da!« – Denn der Tod hatte die Hand starr gemacht, die sich gerade ausstrecken und der armen Thiennette einen kleinen Regenschirm gegen die Strichgewitter und Blutregen ihres Lebens reichen wollte. Die Mutter berichtete diesen Fußstoß des Glücks mit wahrem Mitleid, das bei den Weibern den Neid ablöset und das ihnen leichter wird als die Mitfreude, die mehr männlich ist. In manchen weiblichen Herzenskammern sind Mitleiden und Neid so nahe Wandnachbarn, daß sie nirgends tugendhaft wären als in der Hölle, wo die Menschen so erschrecklich viel ausstehen, und nirgends fehlerhaft als im Himmel, wo die Leute des Guten zu viel haben.

Der Konrektor hatte nun auf Erden den Himmel, in den seine Wohltäterin aufgeflohen war. Zuallererst sprang er – ohne sein Schnupftuch einzustecken, in dem seine Rührung war – die Treppe hinauf, um das große testierte Bette aufgeschlagen zu sehen: denn er hatte eine weibliche Vorliebe für Möblen. Ich weiß nicht, ob der Leser schon in alte Ritterbetten geschauet hat oder gestiegen ist, in die man durch eine kleine Treppe ohne Geländer, die daran hängt, leichtlich kommen kann und in denen man im Grunde[104] allemal eine Treppe hoch schläft. Nazianzen berichtet (Orat. XVI), daß schon die Juden hohe Betten mit solchen Hühnerleitern gehabt, aber bloß des Ungeziefers wegen. Die legierte Bette-Arche war gerade so groß – und ein Floh hätte sie nicht mit Erddiametern, sondern mit Siriusweiten gemessen. Als Fixlein von diesem kolossalischen Dormitorium die Vorhänge zurückgeschoben und den Bettehimmel in einem großen Spiegel offen gesehen hatte: wär' er gern darin gewesen; und wenn er aus dem Nachtkegel in Amerika einen Kegelschnitt hätte nehmen können, er hätte sich damit eingebauet, um nur eine halbe Stunde mit seiner dünnen Rutentaille im Flaum-Weiher herumzuschwimmen. Die Mutter hätte ihn durch längere Kettenschlüsse und Kettenrechnungen, als das Bette war, nicht dahin lenken können, den breiten Spiegel oben ausbrechen zu lassen, obgleich sein großer Spiegeltisch sich in nichts besehen konnte als in einem Rasierspiegel; – er ließ den Spiegel oben daran: »Sollt' ich einmal g. G. heuraten,« sagt' er, »so kann ich doch gegen Morgen meine schlafende Frau ansehen, ohne daß ich mich im Bette aufsetze.«

Was den zweiten Artikel anlangt, nämlich die legierten Patenpfennige: so macht' es gestern seine Mutter recht gut. Der Gerichtshalter hörte sie über die Jahre des Erben ab, und sie legte diesem geradezu die Dental-Zahl zweiunddreißig bei. Sie hätte gern gelogen und den Sohn wie eine Inschrift für älter verkauft; aber gegen diese veniam aetatis würden, sah sie, die Rechte mit Rechten exzipieret haben: »es sei erlogen und erstunken; wäre der Sohn zweiunddreißig alt: so wär' er ja längst Todes verfahren, wie nun wohl nicht anders zu präsumieren.«

Und gerade unter der Erzählung sprach ein Aufhammerischer Bedienter ein und reichte gegen Revers und gegen Ratifikation des von der Mutter ausgestellten Geburtsscheines die Goldstange von zweiunddreißig Rechen-Pfennigen des Alters dem Konrektor wie eine Lebens-Ruderstange zu: Herr von Aufhammer war zu einem knauserischen Hader über einen bürgerlichen Geburtsschein zu stolz.

Und so ging durch eine stolze Freigebigkeit einer der besten Prozesse vor die Hunde, da man die Goldstange auf der Ziehbank[105] der Richtersbänke zu dem feinsten Golddraht hätte ausziehen können. Aus der Flocke, die nicht auszuwirren war – denn erstlich konnte Fixleins Alter mit nichts dokumentiert werden, zweitens mußte man, so lange als er lebte, präsumieren, daß er noch nicht zweiunddreißig Jahre alt geworden29 –, aus dieser Flocke wären nicht bloß Seide und Strangulier-Schmachtriemen, sondern ganze Prellgarne zu spinnen und zu zwirnen gewesen. Die Klienten überhaupt hätten sich weniger über Prozesse zu beklagen, wenn diese länger dauerten: die Philosophen streiten jahrtausendelang über philosophische Fragen, und es fällt daher auf, daß Advokaten die juristischen in ihren Akten schon in sechzig, achtzig Jahren von der Hand schlagen wollen. Aber das ist nicht die Schuld der Rechtsfreunde: vielmehr wie Lessing von der Wahrheit behauptet, daß nicht das Finden, sondern das Suchen derselben den Menschen beglücke und daß er selber dem Geschenke aller Wahrheiten für die süße Mühe des Forschens entsagen würde, so wird der Rechtsfreund nicht glücklich durch das Finden und Entscheiden, sondern durch das Untersuchen einer juristischen Wahrheit – welches man eben prozessieren und praktizieren nennt –, und er würde sich gern ewig der Wahrheit, wie die Hyperbel der Asymptote, nähern wollen, ohne sie zu erreichen, da er mit Weib und Kind als ein ehrlicher Mann bei dieser ewigen Approximation bestehen könnte. –

Der abgeschickte Bediente hatte außer dem Gold-Legat noch ein Dekret vom Gerichtshalter, worin dem Testamentserben auferleget war, von den Prägekosten, die er zahlen müssen, da er als Quintus und Konrektor unter der Rändelmaschine seiner Vorgesetzten lag, Belege und Scheine beizubringen, worauf er sein Geld wiederbekommen sollte.

Der Konrektor, der sich gegenwärtig an die Reihe der Millionäre anschloß, hielt die kurze Geldrolle wie einen Zepter in der[106] Hand, wie eine herausgezogene Teichdocke des Meeres der Zukunft, das nun ablaufen und ihm alle Besetzfische langgewachsen, trocken und festliegend anbieten muß.

Ich kann nicht alles auf einmal erzählen, sonst hätt' ichs dem Leser, der schon lange darauf passen wird, eher gesagt, daß dem bemittelten Konrektor die zweiunddreißig Patenpfennige mehr als zu sehr die zweiunddreißig Jahre vormalten, an die noch dazu heute der Kantatesonntag, diese Bartholomäusnacht und dieser zweite September seiner Familie, anstieß. Die Mutter, die das Alter ihres Kindes hätte wissen sollen, sagte, es wär' ihr entfallen, sie woll' aber wetten, schon vor einem Jahre wär' er zweiunddreißig gewesen, und der Gerichtshalter hätte nur nicht mit sich reden lassen. »Ich wollte selber schwören« sagte der Kapitalist, »ich weiß, wie dumm mir vorm Jahre am Kantatesonntag war.« Er sah überhaupt den Tod nicht, wie der Dichter, im auftürmenden, auseinandertreibenden Hohlspiegel der Phantasie, sondern wie das Kind, wie der Wilde, wie der Landmann und wie das Weib sah er ihn im planen Oktav-Spiegel vorn an der Schale eines Gesangbuches, und er kam ihm wie der gesunkne, in einem Gitterstuhl der Kirche schlafende Greisen-Kopf vor. –

Und doch dacht' er heute öfter an ihn wie vorm Jahre: denn die Freude schmilzet gern zur Wehmut ein, und das lackierte Glücksrad ist das Schöpfrad, das sich in die Augen ergießet ... Aber der freundliche Genius dieser Erd- oder vielmehr Wasserkugel – denn in der physischen und in der moralischen Welt sind mehr Tränenseen als festes Land – hat den armen Wasserinsekten, die darauf herumschießen, uns nämlich, eine ganz besondere Schweersche Essenz für die Bleikoliken unserer Seele aufgehoben: ich behaupte, der Genius muß die ganze Pathologie der Menschheit mit Fleiß studieret haben; denn er hat für den armen Teufel, welcher keinen Stoiker und keinen Seelensorger bezahlen kann, der für die Fissuren seiner Hirnschale und seiner Brust kostbare Rezepte und Kräuter zusammensetzte, ein herrliches Wundwasser in alle Kellereien fässerweise eingeleget, das der Patient nur nehmen und auf die Knochensplitterung und Schmarren gießen darf – Fusel nämlich, oder Bier, oder etwas Wein... Beim[107] Himmel! es ist entweder dummer Undank gegen den medizinischen Genius auf der einen Seite oder theologische Verwechslung erlaubter Betrunkenheit mit verbotner Besoffenheit auf der andern, wenn die Menschen nicht Gott danken, daß sie in der Geschwindigkeit etwas haben, was in der Nervenschwindsucht des Lebens Philosophie, Christentum, Judentum, Heidentum und Zeit ersetzt – Getränk, wie gesagt.

Der Konrektor hatte lange vor Sonnenuntergang dem Gemeinboten drei ggr. Botenlohn gegeben und ließ sich – denn er hatte ja ein ganzes Dukaten-Kabinett in der Tasche, das er den ganzen Tag im Finstern mit der Hand durchblätterte – für drei Taler Pontak aus der Stadt abholen. »Ich muß mir heute«, sagt' er, »eine Kantates-Lust machen; ists mein letzter Tag, wohl! nun so ists auch mein lustigster.« Ich wünscht', er hätte eine größere Bestellung gemacht; aber er hatte überall den Zaum der Mäßigkeit zwischen den Zähnen, sogar vor einer gedrohten Vexier-Todesnacht und mitten im Jubel. Es ist die Frage, ob er nicht auf eine Bouteille sich eingeschränket hätte, wenn er nicht mit den zwei andern die Mutter und das Fräulein hätte freihalten wollen. Hätt' er in dem zehnten Säkulum gelebt, wo man den Jüngsten Tag, oder in andern Säkuln, wo man Sündfluten erwartete und wo man deswegen, wie Matrosen im Schiffbruch, alles versoff: er hätte darum nicht einen Kreuzer mehr verzehrt. Seine Freude war, daß er mit dem Legat seinen Hauptkreditor Steinberger abfinden und als ein ehrlicher Mann aus der Welt gehen konnte: gerade Leute, die sich viel aus dem Gelde machen, zahlen ihre Schulden am ehrlichsten.

Der purpurne Pontak kam an zu einer Zeit, da Fixlein die Rötelzeichnungen und roten Titelbuchstaben der Freude, die jener auf die Wangen seines Trinkers und seiner Trinkerinnen ziehen wird, mit dem Abend-Inkarnat der letzten Wolken um die Sonne zusammenhalten konnte ...

Wahrlich unter allen Zuschauern dieser Geschichte kann keiner mehr an die arme Thiennette denken als ich; aber ich kann sie doch wahrlich nicht vor der Zeit aus ihrer Anzugsstube auf meinen historischen Schauplatz jagen. Die Arme! der Konrektor[108] kann nicht heißer wünschen als sein Biograph, daß am Tempel der Natur wie am jerusalemitischen eine besondere Pforte – außer der des Todes – offen sei, durch die bloße Bedrängte gehen, damit sie ein Priester aufrichte. Aber Thiennettens Brustschmerzen über alle ihre versunknen Aussichten, über die eingesargte Wohltäterin, über ein ganzes mit dem Leichenflor zugesponnenes Leben hatten ihr bisher in einem Jammer, den der steinichte Rittmeister mehr blutig als gelinder machte, alles verwehrt, Geschäfte ausgenommen, alle Schritte gelähmt, die nicht zu einer Arbeit geschahen, und ihren Augen nichts gegeben, was sie trocknen oder freuen konnte, als ein niederfallendes Augenlid voll Träume und Schlaf.

Aller Kummer erhebt über die bürgerlichen Zeremonialgesetze und macht den Prosaisten zum Psalmisten: bloß im Kummer wagen die Weiber. Thiennette ging nur abends und nur im Garten aus.

Der Konrektor konnt' es kaum abwarten, seiner Hausfreundin zu erscheinen, ihr seinen Dank – und heute seinen Pontak – zu bringen. Drei Pontakkelche und drei Kelchgläser waren außen auf die Fensterküste seiner Hütte gestellet, und sooft er von dem dunkeln Hohlwege zwischen Blüten-Waldungen zurückkam, nippte er aus seinem Glase – und die Mutter trank in der Stube hinein durch das Schubfenster.

Ich habe schon gesagt, sein Lebens-Laboratorium lag im südwestlichen Winkel des Gartens, gegenüber dem ins Dorf hineinreichenden Schloß-Eskurial. Im nordwestlichen Winkel blühte eine Akazien-Laube, gleichsam die Blumenkrone des Gartens. Fixlein trat auch dahin seine Lustfahrt an, um etwan aus der weit gegitterten Laube einen glücklichen Blick in die langen Wiesen nach Thiennetten auszuwerfen. Er fuhr ein wenig zurück vor zwei steinernen Staffeln, die in den Weiher, der auf seinem Gang zur Laube lag, mit frischem Blute betropfet hinuntergingen. Auch an den nahen Binsen hing Blut. Den Menschen schauert vor diesem Öle unseres Lebens-Dochtes, wo er es vergossen findet: es ist ihm die rote Todesunterschrift des Würgengels. Fixlein eilte sorgend in die Laube – und fand hier seine bleichere Wohltäterin[109] an Blütenbüschen angelehnt, ihre Hände waren mit dem Strickzeug in den Schoß gesunken, ihre Augen lagen in den Augenlidern gleichsam im Verbande des Schlummers, so wie ihr linker Arm im wirklichen Verbande der Aderlaß, und mit Wangen, denen die Abendröte so viel gab, als ihnen die bisherigen Verwundungen – die heutige dazugerechnet – genommen hatten. Fixlein fing nach dem ersten Schrecken – nicht über diesen Blumenschlaf, sondern über sein lautes Hereintraben – an, die Schmetterlingsspiralsauglinie seines Auges auseinanderzurollen und sie auf die stillstehenden Blätter dieser Blume hinzulegen. Im Grunde, darf ich behaupten, wars heute das erstemal, daß er sie ansah: er war in die Dreißig gekommen und glaubte noch fort, an einem Fräulein dürf' er nur die Kleider, nicht den Körper bemerken, und er habe ihr nur mit den Ohren, nicht mit den Augen aufzuwarten.

Ich mess' es dem hebenden Flaschenzuge der elektrischen Verstärkungsflasche des Pontaks bei, daß der Konrektor den Mut faßte, umzukehren, um wiederzukommen und die erweckenden Mittel des Hustens, Niesens, Trabens und Rufens nach dem Pudel in stärkern Dosen an der Schläferin zu brauchen. – Sie etwan bei der Hand zu nehmen und unter einer medizinischen Entschuldigung aus dem Schlafe zu ziehen, das wäre ein Wagstück gewesen, dessen der Konrektor, solang' er noch vor Pontak stehen konnte und seinen Verstand hatte, niemals fähig war. Kurz, er weckte sie anders auch auf. Müde, Bedrängte! wie langsam geht dein Auge auf! Das wärmste Heilpflaster der Erde, der Schlaf, hat sich verschoben, und die Nachtluft der Erinnerung wehet wieder deine nackte Wunde an! – Und doch war dein lächelnder Jugendfreund noch das Schönste, auf was dein Auge fallen konnte, wenn es aus dem hängenden Garten des Traums in den niedrigen um dich sank.

Sie wußte selber wenig davon – und der Konrektor gar nichts –, daß sie ihre Blumenblätter unvermerkt nach dem Stande dieses Weltkörpers beuge, nämlich nach Fixlein: sie glich einer italienischen Blume, die einen fein versteckten Neujahrwunsch aufbewahrt, den der Empfänger nicht sogleich herauszuziehen weiß.[110] Jetzt schloß die goldne Pansterkette ihrer Wohltat sie ebensogut an ihn als ihn an sie. – Sie gab sogleich ihrem Auge und Tone eine freudige Maske: denn sie stellte ihre Tränen nicht, wie Katholiken Christus seine, in Reliquien-Phiolen auf Altären zur Anbetung aus. Er konnte die Einladung zu seiner Pontaks-Krankenkommunion recht schicklich mit einem langen Dank für die Vermittlung anfangen, die ihm die Hülfsquellen dazu geöffnet hatte. Sie stand langsam auf und ging mit zum Weinlager; aber er war nicht so gescheut, daß er sie anfangs geführet hätte, oder vielmehr so herzhaft; er hätte leichter einem Mädchen seine Hand (nämlich mit Eheringen) als seinen Arm angeboten. Ein einziges Mal in seinem Leben hatte er eine mailändische Gräfin aus dem Schauspielhause heimgeführet – welches freilich nicht zu glauben wäre, wenn es nicht die Bewandtnis hätte, daß er mußte, weil sie, als eine Fremde, nach der Verirrung von allen ihren Leuten, in einer kotigen Nacht ihn als einen schwarzen Abbate beim Arme ergriffen und sie in ihren Gasthof zu bringen befehligt hätte. Er aber wußte zu leben und geleitete sie bloß bis an das Portal seiner Quintei und wies ihr mit dem Finger den Gasthof, der aus einer andern Gasse mit dreißig lichten Fenstern vorschauete.

Dafür kann er nichts. Aber heute war er kaum mit der Müden bis ans Ufer des Teichs, worein die abergläubische Furcht vor dem hexenden Mißbrauch das reine Blut ihres linken Arms gegossen hatte, gekommen: als er in der Angst, sie falle mit ihrem übrigen Blute die Küste hinunter, sich des siechen Armes ganz kühn bemächtigte. So setzen viel Pontak und ein wenig Mut einen Konrektor allzeit instand, ein Fräulein zu fassen. Ich beteuere, noch vor dem Lagerbaum des Weins, vor dem Fenster, verharrte er in der führenden Stellung. Welche sanfte Gruppe im Halbschatten der Erde, da das dunkle Gewässer der Nacht immer tiefer fiel, weil das Silberlicht des Mondes schon am kupfernen Turmknopf widerprallte! Ich nenne die Gruppe sanft, weil sie aus einem doppelt verbluteten Mädchen, aus einer Mutter, die ihr den Dank für das Glück ihres Kindes noch einmal mit Tränen bringt, und aus einem frommen, bescheidnen Menschen besteht, der beiden einschenkt und zutrinkt, und der in seinem Geäder[111] einen brennenden Lavastrom verspürt, der durch sein Herz kochend zieht und der es endlich Stück vor Stück zu zerschmelzen und mitzutreiben droht. – Ein Talglicht stand außen zwischen den drei Bouteillen und den drei Gläsern, wie die Vernunft zwischen den Leidenschaften – deswegen schauete der Konrektor in einem fort an die Fensterscheiben: denn auf ihnen färbte sich (die Finsternis der Stube diente zur Spiegelfolie) unter andern Gesichtern, die Fixlein gern hatte, auch das liebste ab, das er nur im Widerschein anzublicken wagte, das von Thiennette. –

Jede Minute wurde ein Föderationsfest, und jede Sekunde wurde der Vorsabbat dazu. Der Mond schimmerte schon aus dem Abendtau und der Pontak aus den Augen, und die Bohnenstangen warfen kürzeres Schattengegitter. – Die Quecksilberkügelchen der Sterne hingen, immer mehr zusammenfließend, im Flor der Nacht. – Der heiße Dunst des Weines setzte beide wieder wie Dampfmaschinen in Gang.

Nichts macht das Herz voller und kühner als Auf- und Abgehen in der Nacht. Fixlein führte jetzt das Fräulein ohne Bedenken. Des zerritzten Armes wegen konnte Thiennette nur die Hand umklammernd in seinen legen, und er, um ihr das Fest halten durch seines halb abzunehmen, drückte ihre Finger, so gut er konnte, mit seinem Arme an seine Brust. Man müßte keine Lebensart haben, um seine zu meistern. Inzwischen sind Geringfügigkeiten die Proviantbäckerei der Liebe; – die Finger sind die elektrischen Auslader eines an allen Fibern glimmenden Feuers; – Seufzer sind Leittöne konvergierender Herzen, und das Allerschlimmste und Stärkste dabei ist ein Unglück: denn die Flamme der Liebe schwimmt, wie die von Naphtha, gern auf Tränenwasser. – Zwei Tränentropfen, einer im fremden, einer im eignen Auge, setzten aus zwei konvexen Linsengläsern ein Mikroskop zusammen, das alles vergrößerte und alle Leiden zu Reizen machte. Gutes Geschlecht! Auch ich halte jede Unglückliche für schön, und vielleicht bist du schon darum den Namen des schönen wert, weil du das leidende bist!

Und wenn der Professor Hunczovsky in Wien die Wunden aller Glieder in Wachs nachbildete, um seinen Schülern ihre Heilung[112] zu lehren: so stell' ich, du gutes Geschlecht, die Risse und Narben deiner Seele in kleinen Bildern dar, wiewohl nur um rohe Hände abzuwehren, damit sie dir keine neuen machen. – –

Thiennette empfand nicht den Verlust der Erbschaft, sondern der Erblasserin so tief; – und das eines Zuges wegen, den sie schon seiner Mutter so erzählet hatte wie jetzt ihm. Wenn sie nämlich in den zwei letzten Krankennächten der Rittmeisterin, in denen ihr das fieberhafte Wachen nichts zeigte als die Nachtleiche und die Trauerkutschen ihrer Gönnerin, am Fuße des Bettes den starren Augen gegenüber saß: so glitten ihr oft, aber ohne es zu merken, schnelle Tropfen über die Wangen, weil sie in Gedanken sich das schwere unbehülfliche Ankleiden der Wohltäterin für den Sarg vormalte. Einmal nach Mitternacht wies die Kranke mit dem Zeigefinger auf ihre eignen Lippen. – Thiennette verstand sie nicht – stand auf und bog sich über ihr Angesicht. – Die Schwache wollt' es entgegenheben und vermocht' es nicht – und ründete bloß die Lippen. – Endlich durchfuhr Thiennetten die Mutmaßung, daß sie die Gelähmte, deren erstorbene Arme kein geliebtes Herz mehr an ihres ziehen konnten, selber umarmen sollte. – O da drückte sie plötzlich heiß und tränend ihren heißen Mund an den kältern – und sie schwieg auch wie die Sprachlose und umarmte allein, ohne umarmt zu werden. Gegen vier Uhr zuckte der Finger wieder; – sie sank wieder auf den starren Mund – aber es war kein Zeichen gewesen: denn der Mund ihrer Freundin war unter dem langen Kusse starr und kalt geworden ...

Wie tief ging jetzt nicht vor dem unendlichen Ewigkeits-Antlitz der Nacht die Schneide des Gedankens in Fixleins warme Seele: »O du Arme neben mir! Keinen Glückszufall, kein Abendrot hast du, wie jetzt am Himmel nachglimmt, etwan zu einer Aussicht auf einen Sonnentag; – ohne Eltern bist du, ohne Brüder, ohne Freunde, nur so allein auf einem ausblühenden ausgeleerten Platze der Erde, und du zurückgelassene Herbstblume schwankest einsam und erfroren über den Grummetstoppeln der Vergangenheit.« – Das war der Sinn seiner Gedanken, deren innere Worte waren: »Das arme Fräulein! nicht einmal einen Lehnsvetter hat sie, es nimmt sie keiner von Adel, und sie altert[113] so vergessen, und sie ist doch so herzensgut – mich hat sie glücklich gemacht – ach hätt' ich die Vokation zur hukelumischen Pfarrei in der Tasche, ich machte einen Versuch.« ... Ihr beiderseitiges Leben, das ein enges schneidendes Bindwerk des Schicksals so nahe ineinanderknüpfte, trat jetzt mit Flor behangen vor ihn, und er lenkte geradezu – denn ein blöder Mann ist in anderthalben Stunden in den kühnsten umgesetzt und verbleibt es nachher – seine Freundin zur letzten Flasche zurück, um damit alle aufschießende Disteln und Passionsblumen der Traurigkeit zu ersäufen. Ich merke im Vorbeigehen an, daß das dumm ist: die zerritzte Rebe ist voll Wasseradern wie voll Trauben, und ein sanft beklommenes Herz weichen die Getränke der Freude nur zu Tränen auf.

Wer mir nicht beipflichtet, den bitt' ich jetzt nur den Konrektor anzusehen, der meinen Erfahrungssatz wie ein Syllogismus beweiset. – Man könnte auf philosophische Aussichten kommen, wenn man den Ursachen nachginge, warum gerade Getränke – d.h. am Ende reichlichere Sekretion des Nervengeistes – den Menschen zugleich fromm, weich und dichterisch machen. Der Dichter ist, wie sein Musenvater, ein ewiger Jüngling und ist das, was andere Menschen nur einmal sind – nämlich verliebt – oder nur nach dem Pontak – nämlich berauscht –, den ganzen Tag, das ganze Leben hindurch. Fixlein, der kein Dichter am Morgen war, wurde jetzt in der Nacht einer: Wein machte ihn fromm und weich; – die Harmonikaglocken im Menschen, die der höhern Welt nachtönen, müssen, wie die gläsernen, um hier zu gehen, naß erhalten werden.

Jetzt stand er mit ihr wieder vor dem wogenden Teiche, in dem die zweite blaue Halbkugel des Himmels mit wankenden Sternen und flatternden Bäumen zitterte; – über die grünen Hügel liefen die weißen gekrümmten Straßen dunkel hinauf; – auf dem einen Berg sank die Abendröte zusammen, auf dem andern richtete sich der Nebel der Nacht auf – und über alle diese ringenden Dünste des Lebens hing unbeweglich und flammend der tausendarmige Kronleuchter des Sternenhimmels herab, und jeder Arm hielt eine brennende Milchstraße ...

Jetzt schlug es 11 Uhr... Bei solchen Szenen streckt sich im[114] Menschen eine unbekannte Hand aus und schreibet mit fremder Sprache an sein Herz jenes fürchterliche Mene, Tekel etc. – »Vielleicht bin ich gestorben um 12 Uhr«, dachte unser Freund, in dessen Seele jetzt der Kantatesonntag mit allen seinen schwarzgefärbten Blutgerüsten aufstieg.

Der ganze künftige Lebens-Kreuzgang seiner Freundin lag gestachelt und bedornet vor ihm, und er sah jede blutige Spur, aus der sie ihren Fuß gezogen – sie, die seinen eignen Weg mit Blumen und Blättern weich gemacht. Da konnt' er sich nicht mehr enthalten, zu zittern mit Körper und Stimme und zu ihr feierlich zu sagen: »Und sollte der Herr heute noch über mich gebieten, so sei Ihnen mein ganzes halbes Vermögen vermacht: denn Ihrer unbeschreiblichen Güte hab' ich es ja zu danken, daß ich schuldenfrei bin wie wenige Schulmänner.«

Thiennette, unbekannt mit unserem Geschlecht, mußte dieses irrig für einen Antrag der Ehe nehmen und drückte dem einzigen lebendigen Menschen, durch dessen Arm sich noch die Freude, die Liebe und die Erde mit ihrer Brust verband, heute zum erstenmal mit den Fingern des wunden Armes bebend seinen, worin sie lagen. Der Konrektor, freudig-erschrocken über den ersten Andruck einer weiblichen Hand, suchte mit seiner herübergebognen rechten ihre linke zu erfassen, und Thiennette hob, da sie seine vergebliche Krümmung merkte, die Finger auf vom Arm und legte den verbundnen in seinen und ihre ganze linke Hand in seine rechte. Zwei Liebende wohnen in der Flispergalerie30, wo der dünneste Hauch sich zu einem Laute beseelet. Der gute Konrektor empfing und verdoppelte den seligen Druck der Liebe, womit die arme unmächtige Seele stammelnd, eingesperrt, lechzend und wahnsinnig eine heiße Sprache sucht, die es nicht gibt; – er wurde übermannt – er hatte nicht den Mut, sie anzublicken, sondern sah geradeaus in die Abendröte und sagte (und hier rannen vor unaussprechlicher Liebe die Tränen heiß über seine Wangen): »Ach ich will Ihnen alles geben, Gut und Blut und alles, was ich habe, mein Herz und meine Hand.«[115] Sie wollte antworten, aber sie tat nach einem Seitenblicke den Schrei des Schreckens: »Ach Gott!« – Er fuhr gegen sie und sah den weiß-mousselinenen Ärmel mit ihrem Blute vollgequollen, weil sie die Aderlaßbinde durch das Hineinrücken des Armes abgeschoben hatte. Blitzschnell riß er sie in die Akazienlaube, wo sie sich setzen konnte. Das nachdringende Blut tropfte schon vom Kleide, und er wurde bleicher als sie, denn jeder Tropfe wurde aus seinem Herzensblut geschöpft. Der blau-weiße postpapierne Arm wurde enthüllt – die Binde wurde aufgewunden er riß aus der Tasche ein Goldstück heraus – deckte es, wie man bei offnen Arterien tut, auf die sprudelnde Quelle und verschloß mit diesem goldnen Gesperre und mit der Binde darüber die Pforte, aus der ihr gequältes Leben drang. –

Als es vorüber war, sah sie auf zu ihm, erblasset, aber ihre Augen waren zwei schimmernde Quellen einer unbeschreiblichen Liebe voll Schmerz und voll Dank. – Die ermattende Verblutung legte ihre Seele in Seufzer auseinander. Thiennette war unaussprechlich weich, und das von so vielen Jahren, von so vielen Pfeilen aufgerissene Herz tauchte sich mit allen seinen Wunden in warme Tränenströme unter, um zuzuheilen, wie sich zersprungene Flöten durch das Liegen im Wasser schließen und darin ihre Töne wiederfinden. – Vor einer solchen magischen Gestalt, vor einer solchen verklärten Liebe zerschmolz ihr mitleidender Freund zwischen den Flammen der Freuden und Schmerzen und versank, mit erstickten Lauten und von Liebe und Wonne niedergezogen, auf das gute blasse himmlische Angesicht, dessen Lippen er blöde drückte, ohne sie zu küssen, bis die allmächtige Liebe alle ihre Gürtel um sie wand und beide enger und enger zusammenzog, und bis die zwei Seelen, in vier Arme verstrickt, wie Tränen ineinanderrannen. – – O da es jetzt zwölf Uhr wie zum Sterben schlug, so mußte ja der Glückliche denken, ihre Lippen sögen seine Seele weg, und alle Fibern und alle Nerven seines Lebens krümmten sich zuckend und fest um das letzte Herz der Erde, um seine letzte Wonne Ja, Glücklicher, du drücktest deine Liebe aus, denn du dachtest, an deiner Liebe zu vergehen ...[116]

Er verging aber nicht. Nach zwölf Uhr schwamm ein lebendiger Morgenwind durch die erschütterten Blüten, und der ganze Frühling atmete voll. Der Selige, der sogar einem Freudenmeere Dämme setzte, erinnerte die Verblutete, die nun seine Braut war, an die Gefahr der Nachtkälte, und sich an die Gefahr der längern Nachtkälte des Todes, die nun auf lange Jahre überstanden war. – Unschuldig und selig traten sie aus der mit weißen Akazienblüten und Mondsflittern durchbrochnen Verlobungs-Dämmerung. – Und draußen war ihnen, als wäre eine ganze weite Vergangenheit wie durch einen Erdfall vor ihnen eingesunken: alles war neu, licht und jung. – Der Himmel stand voll blinkender Tautropfen des ewigen Morgens, und die Sterne zitterten freudig auseinander und sanken, in Strahlen aufgelöset, in das Herz der Menschen herunter. – Der Mond hatte mit seiner Lichtquelle den ganzen Garten überdeckt und angezündet und hing oben in einem ungestirnten Blau, als wenn er sich von den nächsten Sternen nährte, und schien ein entrückter kleinerer Frühling zu sein und ein aus Menschenliebe lächelnder Christuskopf. –

Unter diesem Lichte sahen sie sich an zum ersten Male nach dem ersten Worte der Liebe, und der Himmel schimmerte zauberisch in die mild zerflossenen Züge, mit denen die erste Entzückung der Liebe noch auf ihren Angesichtern stand...

Träumet, ihr Lieben, wie ihr wachtet, so glücklich wie im Paradies, so schuldlos wie im Paradies!

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Da wir jetzt nach den vorliegenden Akten auf keine andere Präsumtion bauen können als auf die, daß er im zweiunddreißigsten Jahre abstirbt: so konnte ihm, im Falle er zweiunddreißig Jahre nach dem Tode der Erblasserin stürbe, gar kein Heller abgereicht werden, weil er nach unserer Fiktion bei Abfassung des Testamentes nicht einmal ein Jahr alt gewesen wäre.

30

In der Paulskirche zu London, wo der kleinste Laut über einen Raum von 143 Fuß hinübertönt.

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Jean Paul: Werke. Band 4, München 1959–1963, S. 102-117.
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