13. Betrachtung bey Gelegenheit des Kometen[21] 1

Durch Glas, das unsre schwachen Blicke

Zur Kenntniß ferner Welten stärkt,

Ward gestern, mit verschiednem Glücke,

Der Erdball, der jetzt brennt, bemerkt.


Des heitern Himmels blaues Leere

Stellt sich des Einen Auge dar;

Der findet in dem Sternenheere,

Statt des Kometen, den Polar.


Wohl! endlich hab ich ihn gefunden,

So ruft der Dritte halb entzückt;

Er ruft, und sieht sein Glück verschwunden,

Indem die Hand das Rohr verrückt.
[21]

Der Schönen Wünschen und Bemühen

Hält selbst den Unbestand nicht fest;

Sie sehn ihn durch die Gläser fliehen,

Wie er das Rohr, das wankt, verläßt.


Was macht den Stern vor uns verschwinden?

Aefft unsern Fleiß wohl sein Betrug?

Nein, ihn gewiß durchs Rohr zu finden,

Sind wir nur nicht geschickt genug.


Geschichte, du sollst mir jetzt zeigen,

Was wir in keiner Fabel sehn.

Heiß' Männer von dem Laster schweigen,

Mit welchem sie die Schönen schmähn.


Man braucht nicht lange nachzusinnen,

Wenn Mancher sie für falsch erklärt;

Ihr Herz zu kennen, zu gewinnen,

Fehlt ihm Geschicklichkeit und Werth.


Fußnoten

1 1742.


Quelle:
Abraham Gotthelf Kästner: Gesammelte poetische und prosaische schönwissenschaftliche Werke, Theil 1 und 2, Teil 2, Berlin 1841, S. 21-22.
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