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[238] (Zu Magdeburg 1761.)
Du Sänger, aus dem Lande
Das feinen Zucker zeugt,
Erstarrt liegst du im Sande,
Und deine Kehle schweigt!
Dir klopfte viele Tage
Mit ungestümem Schmerz
Und wiederhohltem Schlage
Der Tod aus kleine Herz!
In tiefer Todes-Stille
Befand dein Häuschen sich,
Daß, auch der kleinste Wille,
Zum Singen dir entwich.
[239]
Mit kläglichem Geschreye
Im andern Bauer rief
Dich deines Freundes Treue,
Wenn früh noch alles schlief.
Du starbst, geliebter Kleiner,
Von deiner Frau beklagt!
Da von den Vögeln keiner
Nach deinem Grabe fragt,
Da weint sie bittre Zähren,
Zu kostbar, Vogel, dir!
Wenn Würmer mich verzehren,
Weint sie auch über mir.
Auf meine Asche nieder
Weint meiner Freunde Leid;
Sie klagen meine Lieder
Mein Herz voll Zärtlichkeit.
[240]
Ich singe, wie du sangest
Nach täglichem Gebrauch,
Und was du itzt erlangest,
Erlang ich künftig auch.
Den Staub auf dich gebreitet,
Wirft man auch über mich,
Mein Grab, mehr ausgeweitet
Als deines, öfnet sich
Den Cörper zu empfangen,
Den jetzt ein Geist belebt,
Der sehnlich mit Verlangen,
In mir nach Ruhe strebt.
Bey deiner Körner Essen
Und Wasser, hüpftest du;
Viel wird mir zugemessen:
Ich fordre mehr dazu.
[241]
Das Glück, das ich schon habe,
Ist meinem Geist zu klein.
Für ihn muß überm Grabe
Mehr Glück, mehr Ruhe seyn.
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