Klagen

eines unglücklichen Verliebten

[249] Flieht ihr Freuden, weicht ihr Scherze,

Du Gesellschaft, Saitenspiel und Tanz;

Nichts ergötzt mein traurig Herze,

Weiche, beste Welt, mit deinem Glanz!

Ewig will ich klagen

Und von meinen Tagen

Soll nicht einer aufgeheitert seyn.

Ach ich will für nichts empfinden,

Als für meine Pein!


In den wildesten Gebüschen

Will ich mit verscheuchten Hirschen gehn,

Und wo giftge Schlangen zischen

Will ich stolz den Tod erwartend stehn![250]

Einsam will ich irren

Melancholisch girren

Wie des Turteltäubchens Gatte thut;

Dem der Habicht sein Vergnügen

Nahm, mit Räuberwuth.


Da, wo nie ein Thau gefallen,

Wo noch nie ein Mädchen ward geküßt.

Wo kein Lied der Nachtigallen,

Und kein Schäfer-Rohr zu hören ist,

Da, wo mitternächtig

Schwarz und schröcklich prächtig

Nur die Furcht ihr ewig Wohnhaus hat,

In der Wüste will ich taumeln,

Meines Lebens satt.

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Auserlesene Gedichte, Berlin 1764, S. 249-251.
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