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[91] 1761.
Kommt heraufgestiegen aus dem Sande
Ihr Gebeine, die ihr in dem Lande
Meiner Jugend, eure Ruhe habt!
Theurer Greiß, belebe deine Glieder
Und ihr Lippen redet einmahl wieder,
Die ihr mir der Lehren Honig gabt!
Oder du, auf des Olympus Höhe
Weisser Schatten, siehe! wo ich gehe;
Hinter Rindern auf der Weide nicht.
Blick' auf diese feinern Menschen1 nieder,
Alle reden deiner Nichte Lieder;
Hör auf ihr Gespräch, dein Lobgedicht!
[92]
Ewig grünen muß die breite Linde
Wo ich, gleich des besten Vaters Kinde
Zärtlich dir an deinem Halse hieng,
Wenn dich, müde von des Tages Länge,
Wie den Schnitter von der Arbeit Menge,
Wenn dich matt die Rasenbank empfing.
Unter jenem Dache grüner Blätter
Wiederholt' ich von dem Gott der Götter
Zwanzig unverstandne Stellen dir!
Aus der Christen hochgehaltnem Buche
Sagt' ich dir von manchem dunkeln Spruche
Frommer Mann! und du erklärtest mir.
Gleich den Männern, die in schwarzen Röcken
Auf der hohen Canzel uns entdecken
Welcher Weg zum Leben richtig ist,
Wenn du von dem Fall und Gnadenbunde
Sagtest, o dann wurden deinem Munde
Alle Worte zärtlich aufgeküßt!
[93]
Du Bewohner einer Himmels-Sphäre!
Siehe, meiner Freuden stille Zähre
Fliesset über meine Wangen oft.
Kanst du reden theurer Schatten? sage
Ob dein Herz für meine Lebenstage
Glück und Ehre dazumahl gehofft,
Wenn mein Auge, liegend auf dem Blatte,
Täglich weisre Schriften vor sich hatte,
Wenn ich auf der Wiese Blümchen laß,
Sie in meinen kleinen Händen brachte,
Sie zur Zierde deiner Haare machte
Und auf Rosen lächelnd bey dir saß?
Sey mir dreymahl mehr mit Licht bekleidet;
Mit der Gottheit Blicken mehr geweidet
Als die andern Seelen um dich her!
Für die Tropfen alle die mir werden
Aus dem Freuden-Becher hier auf Erden.
Tränke dich der Seligkeiten Meer!
1 Sie meint die Gesellschaft in der sie war, als sie dis Gedicht schrieb.
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