[Verwünschte Heiligkeit der Ehe!]

[313] Ehe Sehe Stand Brand Klage Plage Einerlei Entzwei Denker Qual Wahl.


Halberstadt, den 21. Febr. 1762.


Verwünschte Heiligkeit der Ehe!

Ich zittre, wenn ich noch im Geist zurücke sehe,

Abscheulich war der Sclavenstand,

Ein nur mit Menschenhaut bezogner Höllenbrand

Trat herrisch vor mir hin und brüllte meine Klage

Mit bitterm Spotte nach, und war geborne Plage

Für mein so sanftes Herz; mein ewig Einerlei

Blieb er zehn volle Jahr, riß oft ein Blatt entzwei,

Ganz von Gedanken voll, denn dieser Mann, kein Denker,

War fehlbar durch den Rausch, war meines Lebens Henker,

Sein Gang, sein Wort, sein Blick, war alles meine Qual,

O Gott! behüte mich für eine Mannes-Wahl.
[313]

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach. Berlin 1792, S. 313-314.
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