Auf die krankgewesene Braut des kochischen Acteurs,

welcher in der Emilie den Grafen Apiani macht

[70] Am 12. April 1772.


Endlich, gutes Kind, gelangst

Du nach mancher Todesangst

Noch zum Ziel der Bräute;

Hymen zog den Knoten zu,

Wer ist fröhlicher als du,

Und der Freund an deiner Seite?


Ach! den Göttern sey es Dank,

Daß du nur noch liebeskrank

Dich an H... lehnest,

Und nach jenem Aesculap,

Der dir neues Leben gab,

Dich nicht mehr so seufzend sehnest.
[71]

Deine Sehnsucht ist der Mann,

Der so freundlich lächeln kann,

Der so herzlich weinte,

Und so kläglich hat gethan,

Als dich in den Schattenkahn

Charon mitzunehmen meynte.


Klopfend sprach das Herz in dir:

Alter Fährmann, laß mich hier;

Ich bin jung von Jahren:

Und mein Bräutigam ist süß; –

Und der alte Schiffer ließ

Seinen Kahn vom Ufer fahren.


Wohl dir, angenehme Braut,

Amor hat ein Grab gebaut,

Wo du nicht verdirbest;

Wo du nur auf Blumen sinkst,

Und indem du Küsse trinkst

Eines sanften Todes stirbest.
[72]

Schmecke diesen Wonnetodt,

Und mit Wangen rosenroth

Wache vom Entzücken

Wieder auf, und sprich: o Mann

Nur allein Gott Hymen kann

Mich mit neuem Reize schmücken.


Hymen sey dein Lebelang

Bis ins Alter dein Gesang,

Und die Frucht von Hymen

Werd' ein junger Apian,

Den einst auf der Spielerbahn

Große Kunstempfinder rühmen. –

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Neue Gedichte, Mietau und Leipzig 1772, S. 70-73.
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