[Nach langer Zeit, da dichte Nebeldecken]

[86] Nach langer Zeit, da dichte Nebeldecken

Das Land bedrückten, wacht mit sanfter Schwüle

Ein Tag auf von des Südens sonnigem Pfühle

Und fegt vom kranken Himmel alle Flecken.


Fröhlich erlöst aus trübem Winterschrecken

Frohlockt die Zeit in mailichem Gefühle;

Die Lider spielen mit der sanften Kühle,

Wie Rosenblätter Sonnentropfen lecken;


Uns überkommen friedliche Gedanken:

Von Knospenkraft – Fruchtreife – Herbstessonnen,

Die still auf Halme lächeln und auf Ranken –


Von Sapphos Wange – Schlummerkindleins Rot –

Von Sand, der sanft durchs Stundenglas geronnen –

Vom Bach im Wald – von eines Dichters Tod.

Quelle:
Keats, John: Gedichte. Leipzig [1910], S. 86-87.
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