3. Kapitel
Es ist nützlich, öfters zum Tische des Herrn zu gehen.

[199] 1. Der Mensch: So komme ich denn zu dir, mein Herr, damit mir wohl werde an deinem Gnadentische; damit ich Labung finde bei deinem heiligen Mahle, das du aus überfließender Liebe für uns Arme zubereitet hast. Alles, was ich verlangen kann und suchen soll, alles finde ich bei dir. Du bist mein Heil und meine Erlösung, meine Hoffnung und meine Stärke, mein Ruhm und meine Herrlichkeit. So erquicke denn heute die Seele deines Knechtes; denn zu dir, o mein Herr und Heiland, Jesus Christus, zu dir habe ich meine Seele erhoben. Mit Andacht und Ehrfurcht möchte ich dich jetzt empfangen und in mein Haus führen, möchte wie Zachäus von dir gesegnet und den Söhnen Abrahams beigezählt werden. Meine Seele sehnt sich nach deinem heiligen Leibe; mein Herz brennt im heiligen Verlangen, mit dir vereinigt zu werden.

2. Gib dich mir, und du hast mir genug gegeben; denn außer dir tröstet doch kein Trost. Ich kann nimmer sein ohne dich, nicht leben ohne deine Heimsuchung. Deshalb muß ich oft zu dir hingehen, dich als Mittel meines Heils oft empfangen, damit ich auf meiner Pilgerreise nicht etwa unterliege, wenn mir das Brot des Himmels entzogen wird. Denn es ging einst, als du, voll Erbarmung und Milde den Völkern predigtest und ihre mancherlei Gebrechen heiltest, das Wort aus deinem Munde (Matth. 15, 32): Ich will sie nicht hungrig nach Hause gehen lassen, daß sie nicht auf dem Wege erliegen. So mache es denn auch so mit mir, denn du hast dich zum Troste aller, die an dich glauben, im heiligen Sakramente zurückgelassen.

Du bist die liebliche Labung der Seele, und, wer dich jetzt würdig empfängt, wird einst das Erbgut der ewigen Herrlichkeit empfangen. Und weil ich so oft falle und sündige, weil ich so bald wieder träge und matt werde, so bedarf ich[199] es gar sehr, daß ich durch öfteres Gebet, durch öfteres Bekenntnis meiner Sünden, durch öfteren Empfang deines heiligen Leibes, gereinigt, erneuert und zum Guten neu entflammt werde, daß ich nicht durch Zu langes Fernbleiben ablasse vom heiligen Vorsatz.

3. Denn der Sinn des Menschen ist von seiner Jugend auf zum Bösen geneigt, und wenn ihm die göttliche Arznei nicht zu Hilfe kommt, so fällt er gar bald von Sünde in Sünde, immer tiefer. Die heilige Kommunion zieht ihn also vom Bösen zurück und belebt ihn zum Guten. Denn wenn ich jetzt, bei öfterem Empfang dieses Sakramentes oder beim Zelebrieren, dennoch so nachlässig und lau werde, was würde aus mir werden, wenn ich diese Arznei nicht nähme, dieses mächtige Hilfsmittel nicht brauchte? Und ob ich gleich nicht jeden Tag tauglich und zum Messelesen genug vorbereitet bin, so will ich doch allen Fleiß darauf wenden, daß ich an gewissen Tagen die göttlichen Geheimnisse empfangen und an dieser so großen Gnade teilnehmen kann. Denn für eine gläubige Seele, die noch in ihrer sterblichen Hülle fern von dir pilgert, ist dies eine der vornehmsten Tröstungen, daß sie, ihres Gottes eingedenk, ihren Geliebten mit glühender Andacht öfters aufnehmen kann.

4. O wie ist doch deine wundervolle Liebe gegen uns so mild und so herablassend, daß du, unser Herr und Gott, du, der Schöpfer und die Lebensquelle aller Geister, eine ärmliche Seele heimsuchst, um ihren Hunger mit der ganzen Fülle deiner Gottheit und Menschheit zu sättigen! O selig, selig die Menschenseele, die dich, ihren Gott und Herrn, mit würdiger Andacht empfangen und dadurch mit Geistesfreude erfüllt werden kann! O wie groß ist der Herr, den sie empfängt, wie lieb der Gast, den sie beherbergt, wie freundlich der Begleiter, den sie aufnimmt, wie treu der Freund, den sie bewillkommt, wie schön und edel, und über alle lieben Freunde liebenswert, und über alles, was man wünschen kann, wünschenswert ist der Bräutigam, den sie umarmt! Himmel und Erde und alle Schönheit des Himmels und der Erde mögen[200] schweigen vor deinem Angesicht, o du mein Geliebter, voll Liebe und Lieblichkeit! Denn alles, was Himmel und Erde Schönes und Großes haben, das haben sie aus deiner freigebigen Hand. Alle ihre Gaben können nicht erreichen die Herrlichkeit deines Namens, dessen Weisheit unermeßlich ist.

Quelle:
Reclams Universal-Bibliothek Nr. 7663, Stuttgart., S. 199-201.
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