7. Kapitel
Prüfe dich selbst, und nimm dir vor, dich zu bessern.

[206] 1. Der Herr: Vor allem soll der Priester Gottes in tiefster Demut seines Herzens, voll Ehrerbietung, mit lebendigem Glauben und aus der reinen Absicht, Gott zu verherrlichen, zur Feier, zum Opfer und zum Genusse dieses heiligen Sakramentes hingehen. Durchforsche dein Gewissen mit allem Fleiße und laß es, soweit deine Kräfte reichen, weder an wahrer Reue noch an demütigem Bekenntnis deiner Sünden fehlen, damit dein Innerstes rein und hell werde.

Alles, was dich drücken, ängstigen und im freien Zugang zu Gott hindern kann, soll nach deinem besten Wissen aus deinem Herzen verbannt sein. Alle deine Sünden sollen dir ganz allgemein mißfallen und über jeden deiner täglichen Fehltritte sollst du noch besonders trauern. Und soweit Zeit ist, bekenne deine zerrütteten Neigungen und all den Jammer, der daraus entsteht, vor Gott im Innersten deines Herzens.

2. Seufze auf und sei betrübt, daß du noch so fleischlich und irdisch gesinnt bist, so unbezähmt in deinen Leidenschaften, so voll Regungen der Begehrlichkeit, so unbewacht in den äußeren Sinnen, so verstrickt in törichten Einbildungen; noch so auswärtsgekehrt zu dem, was außer dir, und so unachtsam auf das, was in dir ist; noch so leichtfertig zum Lachen und zur Ausgelassenheit, und so felsenhart zur Träne der Reue und zum Schmerz der Buße; noch so vorschnell zu allem, was freiere Lebensart ist und der Sinnlichkeit entgegenkommt,[206] und so träge zum Ernst und heiligen Eifer; noch so fürwitzig, Neues zu hören und Liebliches zu sehen, und so kraftlos, das anzugreifen, was gering und unangenehm ist; noch so gierig zum Empfangen, so karg zum Geben, und so geizig im Behalten; noch so unüberlegt im Reden, und so ungeübt im Schweigen; noch so ungestüm in Handlungen, und so ungeordnet im Wandel; noch so erpicht aufs Essen, und so gehör- und gefühllos für Gottes Wort; noch so eilig zur Ruhe, und so langsam zur Arbeit; noch so wachsam bei törichtem Geschwätz, und so schläfrig beim nächtlichen Gottesdienste; noch so zerstreut, wo sich die Aufmerksamkeit sammeln, so dringend und treibend nach dem Ende, wo man aushalten sollte, noch so nachlässig im Stunden-Gebete, so lau im Messelesen, so dürr am Tische des Herrn; noch so selten ganz in dir gesammelt und so oft und so leicht außer dir hinausgezerrt; noch so entzündbar zum Zorn und so reizbar, anderen weh zu tun; noch so geneigt, andere zu richten, und so streng, sie anzuklagen; noch so ausgelassen in heiteren, und niedergeschlagen in trüben Stunden; noch so reich an guten Vorsätzen und so bettelarm an guten Werken.

3. Wenn du diese und andere Mängel, die dir dein Gewissen vorhält, mit Schmerz und beschämendem Mißfallen an deinen Schwachheiten bekannt und beweint hast, so ermanne dich, zum festen, heiligen Entschluß, ständig dein Leben zu bessern und in allem Guten vorwärts zu schreiten. Endlich opfere dich selbst, ganz, ohne Vorbehalt, willig und ungezwungen auf dem Altar deines Herzens, zur Ehre meines Namens, gib dich mir als ein ewiges Brandopfer hin; deinen Leib und deine Seele überlaß mir allein in guten Treuen, damit du würdig wirst, Gott das Opfer zu bringen und das Sakrament meines Leibes zu deinem Heile zu empfangen.

4. Denn es ist kein edleres, kein würdigeres Sühnopfer für unsere Sünden, als in der Messe und Kommunion sich selbst, ganz und ohne Ausnahme, mit Aufopferung des Leibes Jesu[207] Christi, Gott hingeben. Wenn der Mensch tut, was er vermag, und wahrhaft bereut, wenn er um Gnade und Vergebung zu mir fleht, so spricht der Herr: So wahr ich lebe, so gewiß will ich den Tod des Sünders nicht, sondern vielmehr, daß er sich bekehrt und lebt: nicht mehr will ich seiner Sünden gedenken; alle sollen sie ihm verziehen sein.

Quelle:
Reclams Universal-Bibliothek Nr. 7663, Stuttgart., S. 206-208.
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