§. 6.

Bewährte Zeugnisse hievon.

[12] Hondorffius in seinen Promptuar. Exempl. über das vierdte Geboth sub titulo, de educatione librorum hat folgendes. Ohngefehr vor dreyhundert Jahren hat der Teufel in Sachsen zu Hameln unter angenommener menschlicher Gestalt sich sehen lässen / allerhand Narrenspossen vorgenommen / und sehr viel Knaben und Mägdlein an sich gelocket / welche er aus der Stadt an einen nah gelegenen Berg geführet / und daselbst mit ihnen verschwunden. Nachdem solches ein Mägdlein das von ferne mit gefolget denen Bürgern angesaget / haben sie mit grossen Fleiß ihre Kinder an Ausflüssen [12] des Wassers / in Hafen und andern Oertern gesuchet / aber niemahls hat einer das geringste erfahren können / wo sie geblieben oder hinkommen. Welche Geschicht in ihren Jahr-Büchern ist auffgezeichnet worden. Wolffgang Bütnerus über das vierdte Geboth in Epit. Hist. führet Jacobum Fincel. und den berühmten Leipziger Theologum Selneccerum an. Sethus Calvisi 9 in seiner: Chronologie erkläret die Sache also: Die Hamelische Kinder Entführung ist geschehen 1284. am Tage Johannis und Pauli oder den 26. Junii. Denn indem die Bürger in der Kirchen sind und der Predigt zuhören / kömmt der Ratten und Mäusefänger / dem sie sein zugesagtes Geld nicht gegeben / und locket 130. Kinder aus der Stadt in den Thal Koppelberg / da sie von den Berge bedecket worden. Es referiren solche Geschicht auch Godofredus Schulzius in seiner Chronicke / Petrus Albinus in der Berg-Chron Cluver 9 in der Chronologie und andere mehr. Weil sie aber alle nicht sehr differiren ist unnöthig sie alle anführen / und mit einerley Sachen den liebenden Leser die Augen trübe machen.

Quelle:
[Meister, Johann Gottlieb:] M. Theodori Kirchmayeri Curiöse Historia von den unglücklichen Ausgange der Hamelischen Kinder. Aus dem Lat. ins Teutsche übers. von M. M. [d.i. Johann Gottlieb Meister], Dresden, Leipzig 1702, S. 12-13.
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