Vierzehntes Kapitel

Von den obersten Staatsbeamten

[398] Fr. Die Staatsbeamten, die dem Kaiser von Österreich, und den echten, deutschen Fürsten, treu dienen, findest du nicht, mein Sohn, daß sie einen gefährlichen Stand haben?

Antw. Allerdings, mein Vater.

Fr. Warum?

[398] Antw. Weil, wenn der korsische Kaiser ins Land käme, er sie, um dieser Treue willen, bitter bestrafen würde.

Fr. Also ist es, für jeden, der auf einer wichtigen Landesstelle steht, der Klugheit gemäß, sich zurückzuhalten, und sich nicht, mit Eifer, auf heftige Maßregeln, wenn sie ihm auch von der Regierung anbefohlen sein sollten, einzulassen.

Antw. Pfui doch, mein Vater; was sprichst du da!

Fr. Was! – Nicht?

Antw. Das wäre schändlich und niederträchtig.

Fr. Warum?

Antw. Weil ein solcher nicht mehr Staatsdiener seines Fürsten, sondern schon, als ob er in seinem Sold stünde, Staatsdiener des Korsenkaisers ist, und für seine Zwecke arbeitet.

Quelle:
Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band3, Berlin und Weimar 1978, S. 398-399.
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