Zehnter Auftritt

[229] Käthchen, in einer Verkleidung, sitzt traurig auf einem Stein, den Kopf an die Wand gelehnt. Graf Otto von der Flühe, Wenzel von Nachtheim, Hans von Bärenklau, in der Tracht kaiserlicher Reichsräte, und Gottschalk treten auf. Gefolge, zuletzt der Kaiser und Theobald, welche in Mänteln verhüllt, im Hintergrunde bleiben.


GRAF OTTO eine Pergamentrolle in der Hand.

Jungfrau von Heilbronn! Warum herbergst du,

Dem Sperber gleich, in dieser Höhle Raum?[229]

KÄTHCHEN steht auf.

O Gott! Wer sind die Herrn?

GOTTSCHALK.

Erschreckt sie nicht! –

Der Anschlag einer Feindin, sie zu töten,

Zwang uns, in diese Berge sie zu flüchten.

GRAF OTTO.

Wo ist dein Herr, der Reichsgraf, dem du dienst?

KÄTHCHEN.

Ich weiß es nicht.

GOTTSCHALK.

Er wird sogleich erscheinen!

GRAF OTTO gibt ihr das Pergament.

Nimm diese Rolle hier; es ist ein Schreiben,

Verfaßt von kaiserlicher Majestät.

Durchfleuch's und folge mir; hier ist kein Ort,

Jungfraun, von deinem Range, zu bewirten;

Worms nimmt fortan, in seinem Schloß, dich auf!

DER KAISER im Hintergrund.

Ein lieber Anblick!

THEOBALD.

O ein wahrer Engel!


Quelle:
Heinrich von Kleist: Werke und Briefe in vier Bänden. Band 2, Berlin und Weimar 1978, S. 229-230.
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