Dritter Auftritt.

[7] Die Vorigen, und Merkur.


MERKUR. Guten Morgen, Apollo.

APOLLO. Willkommen, Merkur! wo kömmst du itzt her?

MERKUR. Ach, du weißt ja meine Verrichtungen. Ich weiß mich vor Geschäften nicht zu lassen; ich habe itzo mit den Schelmen so viel zu thun. Die Sterblichen werden so fein, so abgedreht, ich werde noch selbst zuletzt zu ihnen in die Schule gehn müssen. Bruder Apollo, du, und alle Götter werdet in Zukunft faule Zeit haben. Wo man euch andern sonst Tempel errichtet hat; weg sind sie, alles bauet mir Altäre.

THALIA. Ich habe mir aber geschmeichelt, daß ich noch an einigen Orten verehret würde.

MERKUR. Du hast Recht; Du bist beliebt, aber einer von deinen Lieblingen hat – Da frage die Critik nur; es giebt einige, die sich Schüler von ihr nennen, die passen auf dein Reich, auf eine neue Comödie, wie der angehängte Hund auf sein Futter, sie wollen ihren leeren Magen füttern, sie wollen Stoff haben;[7] ihre Schüler werden mir auch ehester Tage Tempel aufbauen; es giebt Leute, die aufs Monopolium der Wissenschaften gehn, und da müssen sie sich an mich addreßiren.

APOLLO. Das ist doch erschrecklich. Wenn sind denn die Wissenschaften ein Monopolium gewesen?

CRITIK. Bravo, Merkur! nicht wahr, du bist itzt auch mein guter Freund? o ich will –

MERKUR. Vielleicht nicht so sehr, als du glaubst.

CRITIK. Nach deiner Art zu denken mußt du es ja seyn. Du hast Geld, und also mußt du ja eine jede Kreatur verachten, die dir nicht ihr baares Geld vor deine gelben Augen legen kann. Du weißt doch, daß Apollo allezeit dein und deiner Verehrer Feind gewesen ist.

MERKUR. Er wird es aber nicht mehr seyn. Kurz, ich bin mein Amt satt, ich werde mich mit dem Apollo vereinigen.

CRITIK. Nu ja, damit er verschwiegen seyn soll. Wir wissen es aber sehr wohl noch, wie du dem Apoll, deinem Berufe gemäß, die Rinder, Bogen und Pfeile gemaust hast.

MERKUR. Du bist doch eine giftige Schlange. Aber triumphire noch nicht; es kömmt itzt drauf an, was Apollo für eine Entscheidung wegen des grünen Huts fällen wird; denn es ist so weit gekommen, daß eine Verschwörung wider ihn gemacht worden ist; er soll schlechterdings aus dem Tempel der Thalia verjagt werden, Momus und die boshafte Spötterey haben es sich fest vorgenommen.

THALIA. Dieser alte treue Diener, der so vielen rechtschaffenen Leuten so lange Zeit Vergnügen gemacht hat?

MERKUR. Ja, sie wollen schlechterdings, er soll seinen Rock und seinen Hut wegwerfen, in andern Kleidern auf dem Theater erscheinen,[8] und sich nur selten sehn lassen. Es ist ja natürlich. Wie wenige können ein witziges Lächeln erregen, wie wenige können ohne Stachel scherzen?

APOLLO. Sind denn diese Kleider so gar anstößig? Was sagen denn die andern dazu?

MERKUR. Sie wollen es auf deine Entscheidung ankommen lassen.

APOLLO. Ja, das soll auch geschehn. Thalia, Merkur, Critik, kommt mit zu den Sterblichen, wir wollen ihn sehn, wir wollen selbst eine Comödie mit ihm spielen; und wenn deine Schüler, Critik, Recht haben, so verspreche ich dir, du sollst ein günstiges Urtheil hören.

CRITIK. Ja, wenn Momus nicht mitgeht, so gehe ich auch nicht mit, da wäre ich eine rechte Närrin.

APOLLO. Gut, damit du vollkommen befriediget bist, so soll auch der mitgehn. Kommt, laßt uns unterreden, wie wir es anfangen wollen.

CRITIK. Ich werde schon nachkommen.


Quelle:
Chr[ristian] G[ottlob] Klemm: Der auf den Parnass versetzte grüne Hut. Wien 1883, S. 7-9.
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