Dreizehnter Auftritt.

[53] Die Vorigen, und Hannswurst ganz schlecht gekleidet, und sehr demüthig.


HANNSWURST. Darf ich mir die Kühnheit nehmen, mein hochzuehrender Hr. Lysimon, meine hochzuehrende Anwesende respective; meinen unterthänigen Respect, so zu sagen, zu bezeugen?

LYSIMON. Es ist mir eine Ehre. Sagen sie mir, da sie so höflich sind, wie kommen sie denn zu der andern Gesellschaft?

HANNSWURST. Erlauben sie mir, so zu sagen, daß ich ihnen respective sage, daß ich zwar anfangs respective auf einen Sperreinnehmer, so zu sagen, los studiret habe, und auch, so zu sagen, ohne Ruhm zu melden, es schon weit in diesem Studio gebracht hatte; nachgehends aber ist mir respective etwas anders eingefallen, und ich habe mich hernach nur respective auf solche Wissenschaften gelegt, welche respective eigentlich, so zu sagen, zur Regierung eines Landes erfodert werden.

LYSIMON. Wie so denn?

HANNSWURST. So, wie sie mich ansehen, ich bin noch ein Jüngling respective, so habe ich schon 475. Projecte gemacht, die, wenn sie nur ausgeführt würden, so zu sagen, in kurzem ein Land so weit bringen würden, daß die Universalmonarchie respective nachdem gewiß existiren könnte.

LYSIMON. 475. Projecte? Sagen sie mir wenigstens nur ein einziges.

HANNSWURST. Ganz wohl respective. Sie sind ein Kaufmann, so zu sagen,[53] und Kaufleute sind respective in einem Staate nothwendig, aber nicht viele, sonst leidet der Bürger, so zu sagen, darunter. Da müßte man nun einem von den größten Kaufleuten das Monopolium von einer Hauptwaare, zum Exempel, respective vom Tuch, einem andern von Seidenwaaren respective, und so immer fort – und dieses Monopolium müßte er vom Regenten erkaufen respective, da käme auf einmal ein großes Geld in die Casse. Sie, zum Exempel, Hr. Lysimon, könnten das Hering- und Stockfisch-Monopolium, so zu sagen, nehmen; sie schickten einen Abgeordneten nach Holland, und da könnten sie in einen respective Tractat mit ihm treten, daß er sie ihnen um den und den Preiß nachdem lieferte. Sie wären also der Ober-Hering- und Stockfisch-Monopolist respective.

CLITANDER. Das ist ja ein rechter wunderlicher Kerl. Aber sagen sie mir doch, warum machen sie denn so eine unbeträchtiche Figur bey der ganzen Universalmonarchie, die sie in ihrem Kopfe regieren?

HANNSWURST. Ich will ihnen dienen respective; die wahren Wissenschaften drängen sich nicht zu, so zu sagen; und darnach habe ich immer Leute angetroffen respective, die es entweder haben besser wissen wollen, als ich, oder die mich ausgelacht haben respective, nachdem sind auch Leute von meiner Geschicklichkeit immer arm, so zu sagen.

LYSIMON. Das ist brav. Der Mensch gefällt mir. Davon bin ich lang überzeugt gewesen, daß die Universalmonarchie keine Chimäre ist; ich habe dem Dinge so lange Jahre schon nachgesonnen.

HANNSWURST. He, Hr. v. Leander, haben wir nunmehro das Narrenfleckel? itzt frisch drauf los, meine Rolle ist gespielt. Ab.

LEANDER. Liebster Hr. Lysimon, hätte ich gewußt, daß sie so ein Liebhaber von politischen Sachen wären; es ist mein Studium meine ganze Lebenszeit hindurch gewesen.

LYSIMON. Wo ist denn unser Projectant? ist das wahr?[54]

LEANDER. Ja, und ich habe selbst schon drey Staatssysteme zu Hause liegen, die ich mit meiner Hand ausgearbeitet habe.

LYSIMON. Gehn sie, holen sie sie, das ist brav. Wo is denn der Mensch? nu, der hat doch glücklich meine Neigung errathen. Ja, einen politischen Schwiegersohn habe ich mir gewünschet; da haben sie die ganze Sache. Kennen sie denn aber auch die Stärke und Schwäche aller europäischen Höfe recht auf den Nagel?

LEANDER. Ich studire sie alle Tage noch mehr.

LYSIMON. Das ist brav. Erkundigen sie sich vor allen Dingen, wie es um Persien steht; ich höre, das Land hat itzo keinen Schach. Wenn nur der Kulikan –

LEANDER. Ja wirklich, um den ist es Schade.

LYSIMON. Was will denn der verhaßte Cleon wieder?


Quelle:
Chr[ristian] G[ottlob] Klemm: Der auf den Parnass versetzte grüne Hut. Wien 1883, S. 53-55.
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