Vierter Auftritt.

[37] Hannswurst als ein Alter, und die Vorigen.


HANSWURST. Erlauben sie mir doch zu fragen, welcher der Herr von Hause ist?

LYSIMON. Ich bin es, mein Herr, und heiße Lysimon.

HANNSWURST. So, sind sie es. Der Mann hat mir so ein bekanntes Gesicht. Können sie vielleicht nicht gut sehn?

LYSIMON. Nein, mein Herr, ich habe das Unglück schon zehn Jahre, und itzo wird mein Gesicht von Tage zu Tage schwächer.

HANNSWURST. Je nu, weil sie nicht verheyrathet sind, so thuts so viel nicht, da sie nicht sehen können; man sollte sich bey der Zeit gar nicht mehr wünschen ein gutes Auge zu haben. Wirklich, es ist ein Glück; ich gratulire ihnen dazu.

LYSIMON. Sie sind zu meinem Unglücke sehr scherzhaft.

HANNSWURST. He, wer ist denn der junge Mensch da? Zeigt auf Leandern.[37]

LYSIMON. Es ist der Hr. von Leander, ein Freund meines Hauses.

HANNSWURST. Wo ein blinder Vater, und junge Mädchen sind? Das ist nicht übel. Und das junge Frauenzimmer da?

LYSIMON. Das ist meine Tochter.

HANNSWURST. Sie scheint ein munteres Ding zu seyn; ich wollte wetten, daß sie einmal ihren Mann ohne Hosen herumlaufen läßt.

ISABELLE. In der That, mein Herr, diese Schmeicheley –

HANNSWURST. Ach glauben sie nicht, daß ich schmeichle. Und die kleine da mit den schelmischen Blicken? sie schießt lauter krumme Strahlen aus ihren Augen wie die Kipfel. A propos, Hr. Lysimon, die krummen Kipfel, sie verstehn mich, hätte man unter den Menschen gar nicht einführen sollen, so wären wir vielleicht auch besser gefahren.

CLARISSE. Ich bedanke mich fürs Kompliment.

HANNSWURST. Servus, Servus, meine Kleine. Zu Isab. A propos, Mademoiselle, nein, in der That, sie haben ein rechtes Modegesichtel, lassen sie sich einmal anschauen, sagen sie mir doch, haben sie nicht manchmal so weibliche Paroxismos zum Heyrathen!

ISABELLE. Mein Herr, in der That – die Freyheit, die sie –

HANNSWURST. Ey, ey, ey, man weiß schon, was es zu bedeuten hat, wenn ein Mädchen von zwanzig Jahren von der Freyheit redt.

ISABELLE. Nu, was denn?

HANNSWURST. J nu, sie meynt die Freyheit, die sie ihrem Manne auf seine ganze Lebenszeit wegschnappen will. Doch, Hr. Lysimon, ein Wort mit ihnen allein. Meine schönen jungen Leute, sie wissen[38] wohl, wenn alte Leute etwas miteinander zu reden haben, so giebts Schindeln auf dem Dache.

LYSIMON. Das ist ein dreister Mann! Nu so lassen sie uns nur –

CLARISSE. Kommen sie, wir können gleichwohl hören, was sie miteinander reden.


Quelle:
Chr[ristian] G[ottlob] Klemm: Der auf den Parnass versetzte grüne Hut. Wien 1883, S. 37-39.
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