Zwey und zwanzigster Brief.

An den Herrn Baron von Leidthal in Hamburg.

[190] Urfstädt den 20sten Junius 1771.


Hochgebohrner,

Gnädiger Herr Baron!


Es hat dem höchsten Geber alles Guten gefallen, meine liebe Frau abermals mit einer gesunden Leibesfrucht zu segnen, welche gestern Abends um acht Uhr zehn Minuten zur Welt gekommen, und sich als ein Knäblein befunden hat.

Da es nun christlichen Eltern geziemet, ihre Kinder gehörigermaßen mit dem Bade der Wiedergeburth versehen zu lassen, und dabey hohe Standespersonen sich nicht zu schämen pflegen, auch bey geringen Menschen,[190] als Pathen zu stehen, ich aber noch immer mit ganzem Herzen meinem lieben gnädigen Herrn, in Dankbarkeit und Respect ergeben bin; so bitte ich recht unterthänigst, Ew. Gnaden wollen doch bey diesen meinem Söhnlein Gevatterstelle zu vertreten, Gott, mir, und meiner lieben Frau, die Ehre geben.

Nun wollen Ew. Gnaden excusiren, wenn noch in gegenwärtigem Schreiben etwas von den hiesigen Umständen hinzufüge. Es geht wohl freylich jetzt so nicht hier zu, als es zu unsers gnädigen Herrn Barons Zeiten war. Die Bauern werden gar arg gedrückt, mit Diensten und in andern Puncten. Auf die Povertät wird gar kein Betracht genommen, und, kurzum! es ist ein böser Haushalt, so daß ich immer sage: es kann keinen Segen bringen.

Der gnädige Herr von Wallitz sind aber schon seit einigen Wochen malade am Podal,[191] der Doctor Kundmann soll gewiß sagen, es gehe nicht gut auf die Art, denn der Herr hielten nicht Diät, und tränken zu viel starke Getränke.

Nun, mich geht es nichts an; Aber ich sage immer: Hätten wir nur unsern gnädigen Herrn Baron von Leidthal noch; der ich in tiefster Soubmission beharre,


Ew. Hochfreyherrlichen Gnaden,

unterthänigster Diener,

der Acciseinnehmer

Christoph Birnbaum.[192]

Quelle:
Knigge, Adolph Freiherr von: Der Roman meines Lebens, in Briefen herausgegeben. 4 Teile, Teil 3, Riga 1781–1783, S. 190-193.
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