14.

[365] Oft verlangt auch der Wohlthäter für das, was er vielleicht nicht einmal aus den reinsten Bewegungsgründen geleistet hat, mehr, als ein edles, stolzes Herz zu geben vermag, verlangt Opfer aller Art, Schmeicheley, gänzliche Abhängigkeit, Sclaven-Dienste,[365] und jammert dann über den Undank der Menschen, wenn man lieber auf alles Verzicht thut, was seine Prahlerey verspricht, als daß man es so theuer erkaufen sollte. Wenig Menschen verstehen die Kunst, so zu geben, daß man ihnen gern verpflichtet wird, daß vielmehr der, welcher empfängt, dem Andern eine Gefälligkeit zu erweisen scheint. Aber man erwarte auch keinen Dank für unerbetene, aufgedrungene Wohlthaten; für die Mühe, sich unberufen in fremde Händel gemischt, Versöhnungen und Heyrathen gestiftet zu haben; für Schmeicheley und Erniedrigung; für Lob in's Gesicht und hinter dem Rücken, das oft mehr Schaden als Nutzen stiftet; für Vertheidigung eines Mannes, der sich selbst besser und mit mehr Erfolge vertheidigen kann! Man erwarte keinen Dank, wenn man, obgleich in guter Absicht, die Eitelkeit der Leute beleidigt, wenn man klügern,[366] oder sich klüger dünkenden Leuten Rath geben, wenn man einen mittelmäßigen Schriftsteller abhalten will, die Welt mit schlechten literarischen Producten zu beschenken! Man erndtet selten Dank ein, wenn man zu bereitwillig ist, für jedermann kleine Aufträge zu übernehmen, Waaren zu verschreiben, Personen zu empfehlen, Sammlungen zu veranstalten, Unterzeichnungen zu befördern. Man wird dann ohne Unterlaß von zudringlichen Leuten bestürmt, wird hintergangen, leidet Schaden und kömmt zuweilen noch obendrein in den Verdacht, seine kleinen Privat-Vortheile dabey nicht vergessen zu haben.

Quelle:
Adolph Freiherr von Knigge: Ueber Eigennutz und Undank. Leipzig 1796, S. 365-367.
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