Der 6. Absatz.

Von der Nacht-Eul.

[429] Unter den Nacht-Vögeln / deren es unterschidliche Arten gibt / ist die Nacht-Eul / Bubo oder Noctua die fürnehmste / gröst- und stärckiste.67 Sie ist zwar mit einem dicken Feder-Peltz versehen (insgemein braun und grau von Farb / und etwas gesprecklet) aber einer häßlichen Gestalt / sie hat einen grossen breiten Kopf / schier wie ein Katzenkopf / desgleichen auch die Augen / einen krummen Schnabel und scharpfe Klauen / kurtze rauhe Füß und einen buckleten Leib / und was sie einmahl in ihre Klauen bekommt / das haltet sie fest. Sie hat gar einen kurtzen Hals / an dem sie doch den Kopf auf alle Seiten kan herum drehen: Bey hellem Tag sihet die Nacht-Eul wenig oder gar nichts (dann das Sonnen-Licht ist ihr zu starck und verblendet sie) bey finsterer Nacht aber um so vil besser: Da gehet sie auf den Raub aus / und fanget Mäuß oder Ratzen / Fledermäuß / auch junge Haasen / Küniglein / und Vögel / die sie auf den Bäumen sitzend und schlaffend antrifft. Die andere Vögel seynd ihr alle feind / sie verfolgen / rupfen und zupfen sie / wann sie sich gehlingen bey dem Tag sehen laßt. Doch weist sich die Nacht-Eul wohl zu defendiren; dann sie legt sich zu Zeiten auf den Rucken / und wehret sich mit dem Schnabel und Klauen. Ihre Wohnung haben sie gern in den Hölen der Berg und Felsen / oder auch in hohlen Bäumen / in alten Schlössern und Thürnen: Sie kommen auch zu Zeiten in die Kirchen / und trincken das Oel in den Amplen aus. Ihr Flug ist schwach und schwermüthig / die Stimm aber scheulich und unangenehm.

In sittlichem Verstand kan füglich der Teufel mit einer schandlichen und schädlichen Nacht-Eul verglichen werden (wie gar wohl der mehr gerühmte P. Procopius anmercket).68 Dann gleichwie die Nacht-Eul ein Lichtscheuender Nacht-Vogel ist; und den Nacht-Thieren / als Mäuß und Ratzen nachstellet / sie fangt und auf frißt / also ist der Teufel Princeps tenebrarum, ein Fürst der Finsternuß / der den Ubelthäteren / die eben auch Filii tenebrarum, Kinder der Finsternus seynd / nachstellet / und sie gefangen nimmt /biß daß er sie gar in die äusserste / das ist / in die höllische Finsternus mit sich ziehet.

Ferners die Nacht-Eul suchet bey nächtlicher Weil durch die Fenster den Eingang in die Kirchen / nicht aus Andacht / sonderen das Oel zu stehlen / welches zu der Ehr GOttes in der Ampel brinnen solte / selbes thut sie mit ihrem Koth verunreinigen. Auch der höllische Feind sucht bey Tag und Nacht durch die Fenster und Thüren / das ist / durch die 5. Sinn des Menschen / durch die Augen / Ohren etc. in den sittlichen Tempel GOttes / verstehe in die menschliche Seel sich ein zutringen / nicht aus Lieb gegen demselben / sonder durch den Unflath der Sünden den Tempel zu bemacklen / und das kostbare Oel der Lieb / der Andacht / und der Gnad GOttes daraus hinweg zu stehlen. Ja dise höllische Nacht-Eul kommt auch vilfältig in den materialischen sichbarlichen Tempel oder Kirchen / offt biß zu dem Altar und[429] zu dem Beicht-Stuhl / die Menschen von dem Gebett und von der Andacht zuverhinderen / distract oder unwillig zumachen / und also des Oels der Verdiensten zuberauben.

Die Nacht-Eul ist ein gar häßlicher Vogel / ein Schrecken der Kinder / und ein Greuel oder Abscheuen der Tag-Vöglen: eben also der böse Feind ist durch seinen Fall abscheulich verstaltet worden: er ist ein Greuel / vor deme sich die wahre Kinder GOttes förchten und entsetzen / als welche sein Boßheit / und vilfältige List und Schaden wohl erkennen.

Die einfältig- und gemeine Leuth (ja auch vor Zeiten die verblendte Heyden) halten dafür / es bedeute nichts Guts / sondern ein bevorstehendes Unglück /als etwann ein Feurs-Brunst / ein Tod-Fall etc. oder dergleichen / wann ein Nacht-Eul sich hören / oder sehen läßt / deßwegen wurde sie einstens Avis luctifera, das ist / ein Leyd bringender Vogel genennt: aber daß ist ein lehre Einbildung / und Irr-Wohn des Pövels: wohl aber soll man sich vor Unglück hütten /und durch Anruffung des göttlichen Beystands fleißig bewahren / wann die höllische Nacht-Eul durch ihre Versuchungen sich hören oder sehen laßt / dann diese sucht nichts anders als Todschläg der Seelen anzustifften / und schädliche Brünst der Geilheit / des Zorns / des Neid und Hasses bey den Menschen zuerwecken.69

Als einstens die Römer zu oberst auf dem Capitolio, oder dem Haupt-Schloß der Stadt Rom eine Nacht-Eul haben sitzen sehen / da seynd sie alle in Forcht und Schrecken gesetzt worden / und vermeinten / es thue der Stadt Rom / weiß nicht / was für ein grosses / und allgemeines Unglück bevorstehen. Hingegen die Tartaren seynd einer gantz anderen Meinung / sie halten die Nacht-Eul für einen Glücks-Vogel / oder für ein gutes Zeichen / sie tragen auch deßwegen die Federen von einer Nacht-Eul für ein Ehren-Zeichen auf ihren Hauben und Kappen / als wie die teutsche Cavalier, die Plumagi oder Strauffen-Federen auf den Hütten. Diser Wohn solle daher seinen Ursprung haben / weilen / als einstens ihr König / Changi, oder Tartar-Cham eine grosse Niederlag erlitten / und die Schlacht verlohren hatte / da begab er sich in die Flucht: der Feind setzte ihm eilends nach / er aber hat sich in ein dickes Gesträuß verkrochen / und eine Nacht-Eul hat sich oben darauf gesetzt.70 Als nun die nachsetzende Feind diesen Vogel auf dem Gesträuß sitzen gesehen / da glaubten sie nichts wenigers / als daß ein Mensch da solte verborgen seyn / und suchten weiters nicht nach: mithin ist der flüchtige Tartar-König durch die Nacht-Eul bey dem Leben / und bey der Freyhet erhalten worden. Um dieser Gutthat willen / thut das Tartarische Volck die Nacht-Eulen noch immerdar lieb und werth halten.

Es erzehlet auch der jüdische Geschicht-Schreiber Josephus folgende merckwürdige Begebenheit / daß nemlich der Kayser Tiberius den König Herodem Agripam habe lassen gefänglich nacher Rom bringen / und alldort / nicht weit von seiner Residenz, zum Spott an einen Baum binden (vast eben / wie man einen Ubelthäter auf den Pranger stellt) ein Teutscher / der sich für einen Wahrsager ausgab / befand sich auch da gegenwärtig / und als er den gefangenen König so gebunden da stehen / ob er ihm aber auf dem Baum eine Nacht-Eul sitzen sahe / da batt er die Wacht / man solt ihn mit diesem gefangenen Herrn ein par Wort reden lassen: und als es ihm gestattet worden / tratte er hinzu / reichte dem König einen frischen Trunck Wasser / und sprach: er solle nur gut Hertz haben / der Kayser werde den wider ihn gefaßten Zorn bald wieder fallen lassen / ihn auff freyen Fuß stellen / und sein Königreich ihm wiederum heimstellen.71 Das nimme ich aus diesem ab / setzte der Wahrsager hinzu / weilen ein glückbringender Vogel / nemlich eine Eul sich über dich auf den Baum gesetzt hat. Der König bedanckte sich unterdessen /und sagte / wann der Effect sich zeigen / und[430] erfolgen werde / da woll er sich gewißlich danckbar einstellen. Aber noch eins sagte der Wahrsager / must du o König wissen: gibe Achtung / wann noch ein anderes mahl ein solche Nacht-Eul sich oben dir nidersetzen wird / so ist es ein gewisses Zeichen / daß dein End nah seye / dann du wirst über 5. Täg nicht mehr zu leben haben / doch wirst du dein Reich frey deinen Erben hinterlassen. Es hat sich auch alles hernach so begeben / wie zum Theil in den Apostel-Geschichten zulesen ist. Der gemelte Josephus aber thut diesen Umstand beyfügen / daß eben als der hochmüthige Herodes auf einem prächtigen Sitz kostbar gekleidet sasse / und zu dem Volck ein Red hielte / kam wiederum ein Nacht-Eul / die setzte sich oben auf den Baldachin seines Throns / und eben damahls percussit eum Angelus Dommi sagt der Heil. Text, der Engel GOttes hat ihn geschlagen / nemlich mit einer tödlichen Kranckheit / an welcher er etlich Tag lang schmertzlich gelitten / er hat zufaulen angefangen /und haben ihn die Würm oder Läuß lebendig gefressen.72

Dieses alles / sage ich / ist zwar erfolgt / aber nicht wegen der richtigen Wahrsagung / oder einer Vorbedeuttung der Nacht-Eul / sondern als ein Begebenheit / die lediglich von der Anordnung GOttes dependirte und herrührte. Welches ich darum anmercke / daß man sehe / wie daß bald Glück bald Unglick erfolge /nachdem die Nacht-Eul sich hat sehen oder hören lassen / und folgends gar nichts darauf zuhalten seye. Ja wer vest darauf glauben und verharren wolte / daß die Nacht-Eul dieses oder jenes gewiß vorbedeute / der wurde sich eines sehr sträfflichen Aberglaubens schuldig machen. Die Heil. Schrifft ist solchen eitlen Wahrsagern / so von den Vöglen hergenommen werden / sehr zuwider / wie an unterschiedlichen Stellen zusehen ist: wie so gar nichts auf den Flug oder das Geschrey der Vöglen / des Raaben / der Nacht-Eulen /des Guggu etc. zuhalten seye / zukünfftige Glücks-oder Unglücks-Fälle betreffend (ein anders ist es mit der Vorbedeutung des zukünfftigen Wetters) daß haben unter vil anderen mit ihrem Schaden wohl erfahren jene 2. gute Freund / welche gar vil und aberglaubisch auf das Vogel-Geschrey gehalten haben; dann als sie miteinander über Feld giengen / da hat sich unterwegs ein Guggu auf den Baum gesetzt / und sein liebliche Stimm vor ihnen hören lassen.73 Der eine sagt mit Freuden zu dem anderen: Bruder das geht mich an / es wird mir ein Glück zustehen: Nein sagt der andere / es geht dich nichts an / er hat mir gugguget: es ist nicht wahr / widersetzt jener gantz eyferig. Mit einem Wort / sie haben so lang mit einander ober dem Gugger gestritten und gezanckt / biß daß sie einander geschlagen / und zimmlich verwundet haben / also daß sie genöthiget gewesen in das negst-gelegene Dorff zugehen / sich von dem Barbirer zuverbinden und curiren zulassen. Hernach haben sie erst einander vor dem Richter des Orths verklagt und gestritten / welchem der Gugger gugget und ein bevorstehendes Glück angekündet habe. Der Richter hat den Handel ziemlich lang aufgezogen / endlich aber den Ausspruch gethan: der Guggu habe weder dem einen noch dem anderen / sondern ihme selbst (das Geld nemlich in Beutel) gugguget: er hat einen jeden um etlich Thaler gestrafft / weil sie in seinem Gericht gefreflet haben / mithin haben sie von dem schönen Glücks Vogel nichts als die empfangene Schläg / und den leeren Beuttel darvon getragen.

Noch über diß ist ein anderer von disem Vogel-Geschrey / auf welches er seinen Aberglauben gesteifft hat / betrogen worden / oder hat sich vilmehr selbsten betrogen. Dann indem er ihn 22. mahl nacheinander hat schreyen hören / hat er ihm vermessentlich / und mit Freuden selbst die Rechnung aber ohne den Wirth gemacht / er werde noch 22. Jahr lang leben. Nun /das ist gut / gedenckt er ihm: ich will noch 20. Jahr lang mich lustig machen / und mir lassen wohl seyn /die letzte 2. Jahr aber wiederum Gutes[431] würcken / und Buß thun. Aber er hat es gar übel getroffen / die Rechnung hat ihm weit gefehlt; dann er ist gleich nach 2. Jahren unglückseelig gestorben / und verdorben.

Ubrigens ist doch auch was Guts von der Nacht-Eul zuerlernen: dann obwohl sie das helle Tag-Licht /die klare Sonn / wegen Blöde ihrer Augen nicht anschauen kan / als wie die Tag Vögel / absonderlich die Adler / und deßwegen sich beym Tag in die finstere Löcher versteckt und schlafft / so hat sie doch ein grosse Freud zu Nachts ab dem Mond / und thut ihn mit Lust beschauen.74 Eben also / obwohlen wir Menschen auf dieser Welt GOtt selbsten / als ein klare Sonn / wegen unserem blöden Gesicht / oder schwachen Verstand nicht beschauen / oder betrachten und erkennen mögen / als wie die himmlische Adler / das ist / die Engel / und Heilige in dem Himmel / so können und sollen wir doch den Mond / ich will sagen / die heiligste Menschheit Christi / in dem hochwürdigen Altars-Geheimnuß unter den Gestalten / des Wein und Brods / mit Andacht und Ehrerbiethung beschauen und betrachten.

Es können abermahlen auch die ungerechte Geitzhälß und Wucherer / mit den Nacht-Eulen / und zwar fürnemlich / in diesem Stück verglichen werden / daß / gleichwie man mit der Nacht-Eul / die man gefangen hat / leichtlich auch andere Vögel fangen kan; dann sie fliegen häuffig auf sie zu / sie seynd ihr häßig /und wollen an ihr rupfen und zupfen / mithin aber kommen sie dem Vogler selbsten in Kleb oder ins Garn / und werden gefangen.75 Also wann der Teufel einen ungerechten Wucherer / oder reichen Geitzhalß gefangen hat / da fangt er vil andere Menschen damit: dann einige versündigen sich an dem Wucherer / oder Geitzhalß durch Neid und Haß / indem sie wünschē /daß sie dieser Nacht-Eul alle Federen könnten ausrupfen / oder gar die Augen auskratzen / das ist / um sein Gut und Geld bringen / oder gar das Lebens-Licht auslöschen. Andere die etwann unbillich seynd beschwert / geprest / oder betrogen worden / versündigen sich durch Zorn und Fluchen wider ihn. Noch andere / weilen sie sich etwann von dem Wucherer haben schmirben oder bestechen / und seinen Wucher / oder Ungerechtigkeit treiben lassen / da sie doch solches Ambts halber wohl verhinderen kunten und solten. Deßwegen ist ein solche Nacht-Eul / das ist / ein Wucherer oder Geitzhalß / dem höllischen Jäger oder Vogler gar angenehm / weilen er vil andere Vögel /oder Seelen darmit fangen kan.

Wiederum die Nacht-Eulen fliehen das Licht / und pflegen nur bey finsterer Nacht dem Raub nachzujagen: wann sie aber gehlingen bey dem Tag von anderen Vöglen verdapt / und angegriffen werden / da legen sie sich auf den Rucken / sie kratzen und beissen gewaltig um sich; Also auch die Wucherer und Ungerechte machen ihre Contract und Bündnußen nicht offentlich bey dem Licht / und der Warheit und Aufrichtigkeit / sondern nur in der Finstere des Betrugs / unter der Decke der Arglistigkeit etc. wann sie aber etwan von den Tag-Vöglen / das ist / von der Obrigkeit oder ehrlichen Pactisten / von Interessenten / an einem Betrug / oder Schelmen-Stücklein verwischt werden / da wollen sie durchaus nicht schuldig seyn / sondern sie wehren sich auf das Aeusserste gegen ihnen mit dem Schnabel ihres geschwätzigen Mauls / und mit den Klauen ihrer falschen Streich und Grifflein.

Endlichen können dißfalls alle Gottlose und Sünder durch die Nacht-Eulen verstanden werden: dann wie Christus selbst in dem Evangelio sagt / omnis, qui malè agit, odit lucem, & non venit ad lucem, nè manifestentur opera ejus.76 Ein jeglicher der da Böses thut / der hasset das Licht / und kommt nicht an das Licht / auf daß seine Wercke nicht gestrafft werden. Sie suchen verborgne Schlupf-Winckel / als wie die Nacht-Eulen: und bey finsterer Nacht werden die gröste Laster begangen / da geschehen die Ehebrüch /[432] die Diebstähl / die Mordthaten etc. gleich als solte die Nacht selber / unter dem schwartzen Deck-Mantel ihrer Finsternuß / den Greuel der Sünden verbergen. Unterdessen seynd gleichwohl diese Nacht-Vögel in der Finstere ihres Irrthums / und ihrer Boßheit nur gar zu scharfsichtig auf ihr zeitliches Interesse, auf ihren Vortheil / und spitzfindig ihre Fehler / und Verbrechen zuverthätigen. Dann die Kinder dieser Welt seynd klüger / als die Kinder des Lichts in ihrem Geschlecht / obwohl sie hingegen stockblind seynd in dem / was ihrer Seelen Heyl betrifft; Sie haben Augen / und sehen doch nicht; sie wandlen in der Finsternuß.

Doch muß man der Nacht-Eul auch das Lob geben / und die Ehr lassen / daß sie jederzeit von den Alten für ein Sinn-Bild und Wahr-Zeichen der Weißheit ist gehalten worden: Auch Palladi, oder Minervæ der Göttin der freyen Künsten / als eigenthumlich von der abgöttischen Heydenschafft / ist geheiliget und zugeeignet worden.77 Dises aber ist geschehen / wegen ihrer nächtlichen Wachtsamkeit; dann bey Tag / wann alles in Bewegnus und unruhig ist / da hält sie sich gantz still / ruhig und einsam: hingegen zu Nachts /wann Thier und Menschen schlaffen und müßig gehen / da ist sie wachbar und emsig. Dieses aber ist der Weißheit eigenthümlich: zu Nacht bey stiller Ruhe speculiren und studiren macht gelehrte Leuth; deßwegen gar weißlich die weise Athenienser vor Zeiten in ihren Wappen / und auf ihren Geld-Müntzen ein Nacht-Eul geführt haben / wie Plutarchus schreibt /weilen nemlichen daselbst die Hohe-Schulen und folgends die Weißheit und Wissenschafften in höchstem Flor waren. Es wolte nemlich der kluge Magistrat zu Athen durch Vorstellung der Nacht-Eulen der studirenden Jugend zuverstehen geben / daß / wer die Weißheit und Wissenschafft wohl ergreiffen und erlernen wolle / ihme den Schlaff nicht lassen zu lieb seyn / sondern mühsame und wachtbare Nächt daran spannen müsse.

Es wird auch an der großkopfeten Nacht-Eul verspühret / daß sie nicht wenig Witz und Hirn im Kopf haben müsse / weilen sie zu Zeiten den anderen Vöglen einen manchen guten Rath gegeben hat: als unter anderen / sie sollen keinen Eich-Baum aufwachsen lassen / sondern alle Eichen bey Zeit untertreiben /dann selbe werden mit der Zeit etwas herfür bringen /aus welchem man den Vogel-Leim præparirt / der dem gantzen Feder-Geschlecht zu grossem Nachtheil gereichen möge.78 Eben der Ursachen / sagte die Nacht-Eul / sollen sie keinen Flachs oder Hanff-Saamen lassen aufwachsen / sondern denselben fleißig aufbicken / wo sie immer können; dann er seye nicht nur auf die Leinwath / sondern auch auf das Vogel-Garn / und Stricklein / sie darmit zu fangen / angesehen / etc. Zu wünschen wäre es / daß auch die Menschen so behutsam und vorsichtig wären / daß sie die jenige Ding oder Gelegenheiten bey Zeiten flieheten /aus welchen ihnen grosse Gefahren und Ubel mit der Zeit erwachsen mögen.

Quelle:
Kobolt, Willibald: Die Groß- und Kleine Welt, Natürlich-Sittlich- und Politischer Weiß zum Lust und Nutzen vorgestellt [...]. Augsburg 1738, S. 429-433.
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