Dreizehnter Auftritt


[175] Mistriss Smith – Robert – Jack – Vorige.


MISTRISS SMITH. Aber, mon fils, das ist gar nicht nobel von dir, daß du dein sauer erworbenes Eigentum so liederlich dissipiert hast.[175]

ROBERT. Um Vergebung, liebe Mutter, das ist das nobelste, was ich in meinem Leben getan habe.

MISTRISS SMITH. Wodurch willst du nun deinem Stand Ehre machen?

ROBERT. Durch meine Gesinnungen.

MISTRISS SMITH. Recht mon fils, diese Phrase war nobel, Indem sie Fazir erblickt. Bon jour, Monsieur Fazir, je suis charmé de vous revoir en bonne santé. Zu Robert fortfahrend. Aber man muß auch die Dehors nicht negligieren, die Sonne bleibt zwar immer Sonne, wenn sie gleich hinter einem Nebelschleier sich kaschiert; doch das Auge blendet sie nur dann, wenn sie mit all ihren Strahlen dekoriert erscheinet. Was dünkt dir von dieser Allegorie?

ROBERT. Sehr schön liebe Mutter, aber ich bin keine Sonne, und will keines Menschen Auge blenden.

MISTRISS SMITH. So wünscht ich zum mindesten du hättest ihren Strahlen einige Wärme abgeborgt. Du ignorierst nicht, daß in diesem Hause der Mangel herrscht, daß wir auf deine gesegnete Rückkunft mit Schmerzen harrten.

ROBERT die Achsel zuckend. Mein Seel! das tut mir leid! Aber wäre ich in jenem Augenblick Herr einer Million gewesen, bis auf den letzten Schilling wäre sie aus meiner Tasche geflogen.

LIDDY. Liebe Mutter, unser Mangel wird in kurzem verschwinden, wenn Sie Ihre Einwilligung und Ihren Segen mir nicht versagen wollen.

MISTRISS SMITH. Segen soviel du willst; aber Einwilligung – wozu? wenn es mit der Ehre compatible ist –

LIDDY. Ich denke. Unser Mietmann hat um meine Hand geworben.

MISTRISS SMITH in einem erhabenen spöttischen Ton. So?

LIDDY. Er ist ein braver Mann.

MISTRISS SMITH. So?

LIDDY. Reich.

MISTRISS SMITH. So?

ROBERT Liddy die Hand reichend. Ich wünsche dir Glück dazu; von Herzen.

FAZIR mit einem Seufzer. Auch ich, liebe Miß.

JACK mit einem Kratzfuß. Immer schmuckes Wetter, und guten Wind auf die Fahrt!

MISTRISS SMITH. Nicht so eilig, wenn ich bitten darf. Liddy, du kennst meine Sentiments.[176]

LIDDY. Ich kenne sie, aber wenn ich Ihnen beweise, liebste Mutter, daß seine Herkunft ohne Tadel ist? –

MISTRISS SMITH. Das würde dem Ding eine andere Tournüre geben.

LIDDY. Sie sollen es bald aus seinem eignen Munde hören, er versprach in wenig Minuten Ihnen seine Aufwartung zu machen.

MISTRISS SMITH. Versprach er das? So müssen wir uns wohl ein wenig auf seinen Empfang vorbereiten. Geschwind Liddy, ehe er uns hier im Vorsaal überrascht. Aber das sag ich dir: deine Mutter ist eine Kennerin. An der Art, sich bei einer so delikaten Affäre zu benehmen, werde ich sogleich den homme de qualité zu unterscheiden wissen. Folge mir! Ab mit Liddy.


Quelle:
August von Kotzebue: Schauspiele. Frankfurt a.M. 1972, S. 175-177.
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