Vierzehnter Auftritt


[177] Robert – Fazir – Jack.


ROBERT. Sie läßt mir nicht einmal Zeit meine Schwester um den Namen ihres Bräutigams zu fragen.

JACK. Er wird sich doch wohl nicht schämen seine Flagge sehen zu lassen.

FAZIR. Er muß ein guter Mann sein, weil Liddy ihn liebt.

ROBERT. Auch mein Bruder Samuel schmiegt seinen vorsichtigen Hals in das Joch des Ehestandes? Hm! Soll ich denn allein durch die Welt segeln? was meinst du Jack?

JACK. Ich denke Sir, Ihr laßt das Heiraten bleiben. Wer an einem Weibe ankert, der liegt auf einem verdammt schlimmen Grunde, und kann am Ende das Kabeltau nicht lichten, sollt' es ihm auch das Leben kosten. Ein kleiner Abstecher zuweilen, ist gut; aber zur Lebensreise muß man sich mit keinem Weibe einschiffen, man geht beim ersten Unwetter zugrunde.

ROBERT. Denkst du auch so Fazir?

FAZIR. Ich denk, es sei am besten zu sterben.

ROBERT. Zu sterben? Bist du toll? Jack! was ficht unsern jungen Kameraden an?

JACK. Ich denk, er mag wohl eine schwere Liebesfracht geladen haben.

ROBERT. Erraten, Fazir?[177]

FAZIR. Guter Robert! ja ich liebe.

ROBERT. Was zum Teufel! wir sind ja kaum ein paar Stunden in dem Hafen? du fängst verdammt schnell Feuer.

FAZIR. O ich liebte ehe wir noch abreisten.

ROBERT. Und hast mir nie ein Wörtchen davon gesagt?

FAZIR. Ich liebte so heimlich im stillen, du hättest mich doch nicht verstanden.

ROBERT. Höre Schatz das war dumm! wenn wir so zuweilen bei Windstillen auf dem Verdeck im warmen Sonnenscheine lagen, und das Schiff wie angenagelt auf einem Fleck stand; dann hättest du mir wohl erzählen mögen, wie der Sturm in deinem Herzen wüte. Oder wie? Hat Robert dein Vertrauen nicht verdient? Bin ich nicht der einzige der um das Geheimnis deines Standes weiß? und hab' ich dich verraten?

FAZIR an seinem Halse. Vergib mir Bruder! es ist nicht Undankbarkeit! wahrlich nicht! Du hast mich vom Tode errettet, hast einst mit Gefahr deines eignen Lebens der Grausamkeit meiner Verfolger mich entrissen. Ich werde das nie vergessen, gewiß! ich bin nicht undankbar!

ROBERT. Schon gut! schon gut! es war mein Wille nicht, einen Dank von dir zu erpressen. Freundschaftliches Vertrauen such' ich. Wer ist dein Mädchen?

FAZIR. Mein Mädchen? Ach nein! Das Mädchen das ich liebe heißt Liddy.

ROBERT. Liddy? zum Teufel! meine Schwester?

FAZIR. Ja, sie ists.

ROBERT. Armer Junge! nun versteh' ich warum du sterben willst. Du hast dich wohl recht herzlich aufs Wiedersehen gefreut, und findest sie als Braut – pfui! das ist ein schlimmer Handel. Uns beiden, wie ich merke ist der Ehestandswind nicht günstig. Laß uns noch eine Weile herumkreuzen und statt der Liebe die Freunschaft zum Kompaß nehmen. Du sollst mein Fockmast sein, und Jack da mein Besansmast. So denk ich noch durch manchen rauhen Wind mit euch zu segeln; aber wenn ihr mich verlaßt, so liegt all meine Takelage darnieder.

JACK. Wenn ich jemals euch verlasse, so sollt ihr mich kielholen lassen.

ROBERT zu Fazir. Munter, braver Junge! säubere dein Bugspriet vom Spritzwasser und winde alle deine Courage auf. Kommt Bursche! Hier im Hause ist das Wetter trübe geworden;[178] wir wollen in der nächsten Taverne zusammen speisen, und die Gläser leeren, auf Liddy's Wohlergehen!

FAZIR. Ja, auf Liddy's Wohlergehen! Kommt.


Ende des zweiten Aufzugs.


Quelle:
August von Kotzebue: Schauspiele. Frankfurt a.M. 1972, S. 177-179.
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