Zweiter Auftritt


[156] Kaberdar – Der Knabe mit den Manschetten in der Hand.


KNABE. Ei ich will mir nicht länger die Sohlen von den Schuhen laufen! Heute ist ein unglücklicher Tag, heute werde[156] ich die Teufelsdinger nicht los, Er erblickt Kaberdar. noch einen Versuch. Schöner Herr, wollt Ihr Manschetten kaufen.

KABERDAR. Nein.

KNABE. Von schönen Händen gemacht.

KABERDAR. Ich mag nicht.

KNABE. Wohlfeil, drei Kronen das Paar.

KABERDAR. Laß mich zufrieden! ich trage keine Manschetten.

KNABE die Manschetten unwillig auf den Tisch werfend. Nun so trag sie wer da Lust hat. Indem er gehen will. Ihr wohnt ja hier im Hause; wenn Miß Liddy kömmt, so gebt sie ihr zurück.

KABERDAR. Miß Liddy? Halt! was hat Miß Liddy mit deinen Manschetten zu schaffen?

KNABE. Sie gehören ihr ja.

KABERDAR erstaunt. Ihr?

KNABE zurückkommend. Ja, Sir, es ist ihre Arbeit. Beseht sie nur, sind sie nicht schön? Kauft! kauft sie! wohlfeil, sehr wohlfeil, drei Kronen; und wenn Ihr mich nicht verraten wollt, so sollt Ihr wissen, daß die schöne Miß fünf Nächte daran gearbeitet hat.

KABERDAR. Warum verkauft sie sie denn?

KNABE. Je nun, schöner Herr, Ihr fragt auch gar wunderlich; sie hat kein Geld.

KABERDAR greift schnell in die Tasche. Wie teuer sagst du?

KNABE. Drei Kronen schöner Herr. Dafür bekommt Ihr ein paar Manschetten, wie sie der Prinz von Wallis nur am Geburtstage der Madam Fitz-Herbert trägt, und einen Gotteslohn erhaltet Ihr obenein in den Kauf.

KABERDAR. Hier sind drei Guineen.

KNABE. Drei Kronen schöner Herr.

KABERDAR. Drei Guineen, sage ich dir, die bringst du an Miß Liddy. Und hier ist eine Krone für dich unter der Bedingung, daß du den Käufer der Manschetten nicht ausplauderst. Wenn sie fragt, so sag' ihr, du habest sie an der Börse verkauft; ein fremder Herr, den du zum ersten Mal in deinem Leben gesehen –

KNABE das Geld mit Wohlbehagen auf allen Seiten besehend. Ich verstehe, schöner Herr; ich verstehe, und danke.

KABERDAR für sich. Das ist brav von dem Mädchen, daß sie sich nicht der Arbeit um das tägliche Brot schämt; das ist brav –

KNABE. So viel Geld hab' ich in meinem Leben noch nicht beisammen[157] gesehen. Lebt wohl schöner Herr! Gott vergelt' es Euch!

KABERDAR. Wo willst du hin?

KNABE. Fort.

KABERDAR. Aber das Geld? –

KNABE. Das hab' ich in der Tasche.

KABERDAR. Und trägst es nicht zu Miß Liddy?

KNABE. Nein schöner Herr. Miß Liddy hat mir befohlen vom Nachbar Williams ein Pfund Knaster, und aus der nächsten Taverne ein Maß Porter zu holen.

KABERDAR. Was? Raucht Miß Liddy Tobak?

KNABE. Possen Herr! ich denke, es ist für ihren Vater. Der arme alte Mann will sich zuweilen eine Güte tun, aber Frau und Sohn geben ihm nichts.

KABERDAR für sich. Brav! Mädchen brav! Zum Knaben. Geh nur, geh! Der Knabe ab. – das entscheidet. Ein solches Herz beglückt! wäre sie auch nicht schön, die kindliche Liebe leiht ihr himmlische Reize! Ist sie gleich arm; so vermag sie doch fünf Nächte hindurch für ihren Vater zu arbeiten. – Es ist entschieden.


Quelle:
August von Kotzebue: Schauspiele. Frankfurt a.M. 1972, S. 156-158.
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