Erster Auftritt


[179] Die beiden Notarien Mäster Strussel und Mäster Staff komplimentieren sich noch in der Türe miteinander.


MÄSTER STRUSSEL. Unvermutete Freude!

MÄSTER STAFF. Angenehme Überraschung!

MÄSTER STRUSSEL. Mäster Staff auf meinem Wege anzutreffen.

MÄSTER STAFF. Mäster Strussel hier zu finden.

MÄSTER STRUSSEL. Bitte hineinzuspazieren.

MÄSTER STAFF. Wird nicht geschehen.

MÄSTER STRUSSEL. Muß geschehen! Muß geschehen!

MÄSTER STAFF. Bin nicht so unhöflich, weiß recht gut, daß der erste Platz unter den Rechtsgelehrten meinem würdigen Freunde, Mäster Strussel gebührt.

MÄSTER STRUSSEL. Späßchen! Späßchen! Doch wozu die Umstände unter einem Paar solcher Herzensfreunde! Er zieht ihn mit sich herein.

MÄSTER STAFF. Jawohl Herzensfreunde! Sie Schütteln sich wechselseitig die Hände und sagen beide zugleich beiseite. Hol dich der Teufel!

MÄSTER STRUSSEL. Wie stehts zu Hause? Alles noch wohlauf?

MÄSTER STAFF. Zu Befehl! So oft ich heimkomme, fragt man mich: ob ich meinen vortrefflichen Freund Mäster Strussel nicht gesehn habe? Und wie stehts bei Ihnen? was macht Jacobchen mein kleiner Pate?

MÄSTER STRUSSEL. Ein spaßhafter Schäker! ich predige ihm täglich vor, daß er sich nach seinem vortrefflichen Paten dem Mäster Staff bilden soll. Beide machen Kratzfüße gegeneinander; beiseite. Der Esel!

MÄSTER STAFF beiseite. Der Ochse.[179]

MÄSTER STRUSSEL beiseite. Was will er hier?

MÄSTER STAFF beiseite. Welcher Teufel hat ihn hergeführt?

MÄSTER STRUSSEL. Mein lieber Herr Mitbruder hat vermutlich Geschäfte hier?

MÄSTER STAFF. Erraten! Und mit meinem werten Herrn Kollegen wird sichs wohl gleichergestalt verhalten?

MÄSTER STRUSSEL. Zu dienen. Darf man so kühn sein zu fragen welche Art von Geschäften –

MÄSTER STAFF. Eine Kleinigkeit; ein Ehekontrakt.

MÄSTER STRUSSEL dem der Kamm zu schwellen beginnt. So? ein Ehekontrakt? Ei! Ei! Späßchen! ich bin aus der nämlichen Ursache hier.

MÄSTER STAFF. Ei! Ei! So ist ja dieses Haus recht gesegnet? Mich hat der Herr Zollinspektor Samuel Smith herbeschieden.

MÄSTER STRUSSEL. Ei! Ei! der nämliche hat auch mich bestellt.

MÄSTER STAFF. Ei! Ei! Kurios! und kaum glaublich.

MÄSTER STRUSSEL hitzig. Glaublich oder nicht, Mäster Staff, aber doch wahr.

MÄSTER STAFF. Sie werden sich irren Herr Konfrater!

MÄSTER STRUSSEL. Ich irre mich nie Herr Konfrater! und ein für allemal, Herr Konfrater! Sie sind ein gewissenloser Mann, der nur drauf ausgeht, seinem Nebenmenschen das Brot wegzuschnappen.

MÄSTER STAFF. Wie Herr Konfrater, Sie unterstehen sich?

MÄSTER STRUSSEL. Ja Herr Konfrater, ich unterstehe mich.

MÄSTER STAFF. Es wird Ihnen übel bekommen, Herr Konfrater!

MÄSTER STRUSSEL. Das wollen wir sehen Herr Konfrater!

MÄSTER STAFF. Sie werden am besten tun, Herr Konfrater, wenn Sie wieder dahin gehen wo Sie hergekommen sind.

MÄSTER STRUSSEL. Und Sie werden am besten tun, wenn Sie zum Teufel gehen!

MÄSTER STAFF. Da müßte ich Sie nach Hause begleiten.

MÄSTER STRUSSEL. Ich würde mich schämen, mit Ihnen über die Straße zu gehen.

MÄSTER STAFF. Die Leute würden sich wundern, Sie doch auch einmal in honetter Gesellschaft zu sehen.

MÄSTER STRUSSEL. In honetter Gesellschaft bin ich immer, wenn ich nicht in der Ihrigen bin.

MÄSTER STAFF. Herr Sie weiden grob.[180]

MÄSTER STAFF. Und Sie sind es schon.

MÄSTER STAFF. Wenn Sie nicht bald gelindere Saiten aufspannen, so werde ich Ihnen meine Faust zu fühlen geben.

MÄSTER STRUSSEL. Immer her damit! ich habe schon lange gewünscht, mich einmal mit solch einem Windhunde zu boxen.

MÄSTER STAFF. Vortrefflich! obgleich es mir nicht viel Ehre machen wird ein solches Mastschwein unter die Füße zu treten. Beide werfen ihre Oberkleider und Perücken ab, und setzen sich in Positur zweier Faustkämpfer.


Quelle:
August von Kotzebue: Schauspiele. Frankfurt a.M. 1972, S. 179-181.
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