Zehnter Auftritt


[196] Robert – Jack.


ROBERT. Jack, was meinst du? lieg' ich auf gutem Ankergrunde, oder sitz' ich zwischen den Klippen?

JACK. Da müßt Ihr das Senkblei in Euer eigen Herz fallen lassen.

ROBERT. Aber ein schmuckes Mädel, nicht wahr? Sag mir nur Jack, wie hat die kleine Wetterhexe es angefangen, mich so schnell unter ihren Spiegel zu bringen?

JACK. Das weiß ich nicht. Ich stand nicht am Steuerruder, und hab auch den Kurs nicht gerichtet.

ROBERT. Indessen, ehrlicher Kamerad, will ich gern deine Meinung nach ihrer Länge und Breite hören. Wir sind in so manchen Buchten und Winkeln zusammen gewesen; du kennst mich inwendig und auswendig so gut als deine Hangematte; du hast mich auf deinen Armen getragen, als ich noch kein Schifftau spitzen konnte; sag mir frank und frei, was denkst du von der Geschichte? Das Mädel ist hübsch, gut, und hat zehntausend Pfund Sterling.

JACK. Ja, ja, sie ist ein schmuckes, aufgeräumtes Mädel, die ihren Kompaß versieht, oben gut ausstaffiert, und unten wohl beplankt ist, aber –

ROBERT. Nun aber? heraus damit!

JACK. Lieber Gott! es ist mit den Weibern, wie's ist; kein Grund ist nicht darin zu finden. Wär ich an Eurer Stelle, so würde ich sprechen: ich sehe wohl wo das Land liegt, aber ich will verdammt sein, wenn ich die Spitze nicht vorbei segle.

ROBERT. Ich kann nicht Jack, ich habe meine Takelage eingebüßt.

JACK. Das ist schlimm.

ROBERT. Ich fürchte beinahe, ich werde Kiel über Wasser kehren müssen.

JACK. Das ist sehr schlimm! da geht Ihr ohne Rettung zugrunde.

ROBERT. Ich sollte doch nicht denken; Jack, ich hoffe noch immer in stilles Fahrwasser zu kommen. Sieh nur, das Mädel ist gar zu brav! ihre Seele trägt sie im Auge und in ihrem Auge ist kein Falsch; ihr Herz schwebt auf ihrer Zunge und ihre Worte sind reiner Firnewein, süß wie der Saft der Kokosnuß.[197]

JACK. Aber einem Weibe ist sowenig zu trauen, als einem Wasserwirbel zur See. Anfänglich ist das ein Leben voll Juchhe und Heisa! aber segelt Ihr nur einmal gegen den Strom ihrer Neigungen, gleich fängt der Sturm an zu heulen aus Süden und Norden, aus Westen und Osten. Und dann bedenkt einmal Sir: jetzt regiert Ihr Euer Schiff wie es Euch beliebt, Ihr lichtet die Anker, wenn es Euch einfällt; Ihr steuert, wohin Ihr Lust habt; meint Ihr, wenn Ihr ein Weib an Bord nehmt, Ihr würdet das Kabeltau immer so lang und frei behalten, als bisher?

ROBERT. Schweig nur, ehrlicher Jack! ich merke wohl, es war mir nicht ernst, als ich dich um Rat fragte, denn trotz alles dessen, was du da vorbringst, bin ich entschlossen, meinen Strich fortzulavieren, und sollt' ich nur sechs Punkte vom Wind haben!

JACK. Glück auf die Fahrt!


Quelle:
August von Kotzebue: Schauspiele. Frankfurt a.M. 1972, S. 196-198.
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