Dreizehnter Auftritt


[38] Die Vorigen. Die Jäger treten aus dem Wirtshause.


JÄGER.

Es läßt am Himmel sich

Ein Ungewitter blicken;[38]

Befehlen der Herr Graf,

Daß wir den Wagen schicken?

GRAF.

Vortrefflich! Geht allein! Ich bleibe!

BARON.

Du vergißt, es lud die Gräfin

Zur Vorlesung uns ein.

GRAF.

Verwünscht! Doch hast du recht.

Mir Beifall zu erzielen,

Will heute abend ich

Mal den Soliden spielen.


Zu den Landleuten.


Doch morgen, morgen, zu meinem Wiegenfeste,

Lad' ich euch alle ein, traktiere euch aufs beste!

Seid alle meine Gäste!

Bei Gläserklang, bei Tanz und Gesang,

Mögt ihr dann ermessen und nimmer vergessen,

Wie huldvoll gesinnt stets euer gnäd'ger Herr.

LANDLEUTE UND JÄGER sich freudig bedankend.

Doch morgen, morgen zu seinem Wiegenfeste

Läd't er uns alle ein, traktieret uns aufs beste!

Wir all sind seine Gäste!

Bei Gläserklang, bei Tanz und Gesang,

Da woll'n wir ermessen und nimmer vergessen,

Wie huldvoll gesinnt stets unser gnäd'ger Herr.

GRAF.

Diese Holde dort zu sehen

Und zu sprechen sie allein,

Mich im Tanz mit ihr zu drehen,

Soll mir eine Wonne sein.

Eurer Wohlfahrt nur zu leben,

Ist mein Trachten, mein Bestreben,

Wird stets meine Sorge sein!

BARON.

Ja, ich muß die Holde sehen

Und sie sprechen ganz allein;

Weiß nicht, wie mir ist geschehen,

Wunderbar nimmt sie mich ein.

Möglich, daß dies Mädchen eben

Krönet meiner Wünsche Streben

Und mir dann versüßt des herben Lebens Pein!

BARONIN.

Diesen Herrn, ich muß gestehen,

Flößte schnell ich Neigung ein;


So bewundert mich zu sehen,[39]

Darf mir schmeichelhaft nur sein.

Gar zu klar ist ihr Bestreben,

Ihre Liebe mir zu weihn!

GRETCHEN.

Dürft' ich nur mit ihnen gehen,

Auch mich dem Vergnügen weihn,

Mich im Tanz mit ihnen drehen!

Leider wird es anders sein.

Während sie der Lust ergeben,

Soll ich still und einsam leben

Und darf mich nicht mit andern freun.

BACULUS zu Gretchen.

Gib nur acht, du wirst es sehen

Mit der List, so schlau und fein,

Wird es ganz vortrefflich gehen,

Und der Herr wird mir verzeihn.

Du wirst mir dein Händchen geben,

Uns winkt dann ein Götterleben,

Und bald ist versüßt uns die erlittne Pein!

LANDLEUTE UND JÄGER.

Laßt uns froh das Fest begehen

Und uns ganz der Freude weihn;

Alle will er uns dort sehen,

Alle finden wir uns ein.

Laßt dann beim Saft der Reben

Hoch, ja hoch den Herren leben


Und uns seiner Gnade freun!


Baculus führt Gretchen, die sich sträubt, ins Haus.


GRAF zur Baronin.

Du wirst, mein schönes Kind,

Doch auch beim Fest erscheinen?

BARONIN.

Wenn es der Herr vergönnt –

GRAF.

Ei ja, das will ich meinen.


Sich nach Gretchen umsehend.


Wo ist die andre Kleine,

Das hübsche Mädchen, sprecht?

Auch sie darf mir nicht fehlen.

BACULUS für sich.

Du kämst mir grade recht!

GRAF dreht sich und sieht Baculus.

Irr' ich mich nicht, so ist dies Gesicht

Des Schulmeisters, der auch Rehböcke schießt.

BACULUS.

Gnade, Herr Graf![40]

GRAF.

Hinweg mit Ihm!

BACULUS.

Es tut mir leid –

GRAF.

Hinweg mit Ihm! Er kennt den Bescheid.

LANDLEUTE.

Ei, warum zürnt der gnäd'ge Herr?

BARONIN leise zu Baculus.

Stell Er mich dem Grafen vor.

BACULUS.

Er sieht doch wohl, daß es nicht geht,

Wenn meine Braut daneben steht.

GRAF.

Ihr Freunde, denn auf Wiedersehen

Bei Tanz, Gesang und Spiel;

Der Morgen bringet Freud' und Lust,

Vom Morgen hoff' ich viel!

GRAF, BARON, BARONIN, BACULUS mit Bezug.

Vom Morgen hoff' ich viel!

GRAF.

Diese Holde dort zu sehen usw.

BARON.

Ja, ich muß die Holde sehen usw.

BARONIN.

Diesen Herrn, ich muß gestehen, usw.

GRETCHEN am Fenster.

Dürft ich nur mit ihnen gehen usw.

BACULUS.

Gib nur acht, du wirst es sehen, usw.

LANDLEUTE UND JÄGER.

Laßt uns froh das Fest begehen usw.

Quelle:
Albert Lortzing: Der Wildschütz oder Die Stimme der Natur. Nach Kotzebue frei bearbeitet, Stuttgart 1969, S. 38-41.
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