Zweiter Auftritt


[42] Baculus. Pancratius.


BACULUS der an der Tür stehen geblieben, kommt vor. Aber was hat denn das zu bedeuten, Herr Pancratius?[42] Weder im Hofe, noch auf der Treppe, noch im Vorzimmer eine menschliche Seele. –

PANCRATIUS. Weil alles bei der Vorlesung versammelt war, wie närr'sch.

BACULUS. Vorlesung?

PANCRATIUS. Wie ich Euch sage, und wenn das so fortgeht, so seid Ihr binnen kurzem gegen den Stallknecht ein Einfaltspinsel, denn bei uns muß jetzt alles gelehrt werden, wie närr'sch.

BACULUS. Wie versteh' ich denn das?

PANCRATIUS. Unsre gnädige Frau Gräfin nämlich – wie denn jeder Mensch sein närr'schen Einfälle hat – will mit aller Gewalt Komödie spielen, wie närr'sch. Und das wäre auch ganz hübsch, wenn sie nur recht spaßige Stücke wählte, wobei man lachen könnte; aber so hat sie sich ganz alte Komödienbücher aus der Stadt mitgebracht, die man gar nicht versteht, wenn sie gelesen werden; und wenn man nicht versteht, was die Leute wollen, kann man doch nicht lachen, und bei jeder Komödie muß doch gelacht werden, wie närr'sch.

BACULUS. Je nun, mein lieber Herr Pancratius, es gibt wohl auch ernste Komödien. Mir zum Beispiel hat der Graf heute eine vorgespielt, bei der ich eher hätte in Tränen zerfließen mögen.

PANCRATIUS. Ich weiß, ich weiß. Aber, Herr Baculus, wie ist Er auch auf den närr'schen Einfall gekommen?

BACULUS. Du lieber Gott, wie kommt der Mensch auf so manches! Meine Rangen hatten mir den Kopf warm gemacht. Um mich zu zerstreuen, nehm' ich die Flinte, mit welcher ich gewöhnlich nur Sperlinge zu vertilgen pflege, trete vor die Haustür, das Gewehr geht los, und die Kugel fliegt ...

PANCRATIUS. Na, na, doch wohl nicht ein paar Stunden weit bis in unsern Tiergarten.

BACULUS. Es ist allerdings ein vortreffliches Gewehr, aber in der Zerstreuung mochte ich mich wohl ein wenig vom Hause entfernt haben.

PANCRATIUS. Und was gedenkt Ihr denn jetzt zu fun, Herr Baculus?[43]

BACULUS. Seht, man sagt: Der Herr Graf sähe die hübschen Weiber gern.

PANCRATIUS. Na – wie närr'sch.

BACULUS. Da habe ich denn meine Braut mitgebracht – sie wartet unten im Park –, und die, hoffe ich, soll ihn herumbringen.

PANCRATIUS. So kriege ich doch seine Herzliebste bei der Gelegenheit auch einmal zu Gesicht.

BACULUS. Und dann, was meint Ihr, sollte denn die Frau Gräfin keine Gewalt über den Herrn haben und ein gutes Wort für mich einlegen können?

PANCRATIUS. Es käme darauf an; sie hat nur jetzt für nichts anderes Sinn als für die alte Komödie, die morgen aufgeführt werden soll, wie närr'sch – Da fällt mir etwas ein! Ihr seid doch ein Gelehrter?

BACULUS. I nun – so ein Stück davon allerdings, wenn nicht zuviel verlangt wird.

PANCRATIUS. Ich wüßte etwas, wodurch Ihr die Frau Gräfin gewinnen könntet.

BACULUS. Heraus damit.

PANCRATIUS. Kennt Ihr den Sophoklex?

BACULUS. Den Sophoklex?

PANCRATIUS. Das ist nämlich der Poet, der die Komödie gemacht hat – vor langer Zeit – wie der Teufel noch ein kleiner Junge war, wie närr'sch.

BACULUS. So? Ich habe noch nichts von ihm gehört.

PANCRATIUS. Ich höre die Frau Gräfin. – Kommt mit hinunter, Ihr müßt mir etwas davon erzählen.

BACULUS. Vom Sophoklex? Den kannte ich ja gar nicht.

PANCRATIUS. Kommt nur mit.

BACULUS. Wenn ich ihn aber doch nicht kenne!


Beide ab.


Quelle:
Albert Lortzing: Der Wildschütz oder Die Stimme der Natur. Nach Kotzebue frei bearbeitet, Stuttgart 1969, S. 42-44.
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