Neunter Auftritt


[54] Die Vorigen. Baronin, schüchtern eintretend.


GRAF.

Wen seh' ich?

BARON beiseite.

Was will sie hier?

GRAF.

Es ist das schöne Kind vom Lande!

GRÄFIN.

Was willst du, liebes Kind?

BARONIN.

Ach, Sie verzeihn,

Daß ich so frei hier trete ein;[54]

Ich komm', für meinen Bräutigam

Zu bitten beim Herrn Grafen.

GRAF, BARON schnell.

Du wärest Braut?

BARONIN.

Ach ja, zu dienen.

GRÄFIN.

Ei, meine Herrn, mißfällt das Ihnen?

BARONIN.

Nun sagt man von dem gnäd'gen Herrn,

Er säh' die hübschen Mädchen gern –

GRÄFIN.

Ei, ei!

GRAF.

Wer sagt das?

BARONIN.

Alle Welt!

GRAF.

Sieh, wie mich die zum Narren hält.

BARONIN.

Der Herr will ohne Fragen


auf Baculus zeigend.


Ihn nun vom Amte jagen.

GRAF, BARON überrascht.

Wer ist der Bräutigam?

BARONIN.

Der!

GRAF.

Der?

BARON.

Der?

GRÄFIN.

Der?

GRAF, BARON, GRÄFIN, BARONIN.

Der?!

BACULUS beiseite.

Darüber wundern sie sich sehr.

GRAF, BARON.


Nein, es ist kaum zu glauben,

Daß dieses Monstrum hier

Imstande wär', zu rauben

Der Mädchen schönste Zier!

Und diese Rosenwangen,

Sie sollten vor Verlangen

Für diesen Alten glühn?

Erdrosseln möcht' ich ihn!

GRÄFIN.

Was soll ich davon glauben?

Die Nachricht scheinet mir

Die Laune schnell zu rauben

Dem Herrn Gemahle hier.

Daß diese Rosenwangen

In bräutlichem Verlangen

Für einen, Alten glühn –

Fürwahr, das ärgert ihn.

BARONIN.

Sie scheinen nicht zu glauben,

Daß dieser Alte hier

Imstande wär' zu rauben

Des Herzens Neigung mir.[55]

Vor heimlichem Verlangen

Erglühen ihre Wangen,

Es möchten beide kühn

Erdrosseln lieber ihn.

BACULUS.


Man sollte es nicht glauben,

Daß der Studente hier

Imstand wär', so zu schrauben

Die beiden Herren hier.

Wüßt' ihr, nach welchen Wangen

Ihr traget solch Verlangen,

So würde eure Mien'

Gewaltig sich verziehn.

GRÄFIN.

Der Herr wird gnädig sein!

Doch habt Ihr falsch vertraut,

Wenn Ihr der Meinung seid,

Daß er Euch nur verzeiht,

Weil schön ist Eure Braut.

GRAF.

Das mein' ich auch.

GRÄFIN.

Beweis, daß Ihr den Herrn nicht kennt.

BACULUS.

Die Leute sagten so,

Da meinte der Student –

GRÄFIN, GRAF, BARON.

Student? Student?

BACULUS sich verbessernd.

Mein Vetter, wollt' ich sagen.

BARONIN.

Schwatzt nicht so dummes Zeug.


Schweigt lieber!

GRÄFIN.

Student? Student?

GRAF, BARON.

Vergiften möchte ich den Alten auf der Stelle?

BACULUS.

Mein Vetter!

GRÄFIN den Grafen und Baron beobachtend.

Wie Verdruß sich malt in ihren Zügen!


Baronin macht währenddessen Baculus leise Vorwürfe.


GRÄFIN.

Wie? Zank? Ich will nicht hoffen –

Geschwind, geschwind, vertragt euch!

GRAF, BARON zur Gräfin.

Die Leute sind betroffen!

GRÄFIN.

Versöhnung! Umarmt euch!

BARONIN.

Ach, das ist gar nicht nötig.

GRAF zur Gräfin.

Es schämen sich die Leute.

BARON ebenso.

Ja wahrlich, sie genieren sich.[56]

BACULUS.

Ich bin dazu erbötig.

BARONIN für sich.

Gott, was beginn' ich nur!

BARON.

Boshafte Kreatur!

GRAF für sich.

Mich ärgern will sie nur.

GRÄFIN.

Ein Kuß! Gleich auf der Stelle!

GRAF, BARON.

Oh, wär' er in der Hölle!

BACULUS zur Baronin.

So komm Er einmal her!

GRÄFIN, GRAF, BARON.

Er! Er! Was soll das heißen?

Ist er verrückt?

Was soll zur Unzeit dieser Scherz?

BARONIN. Der Tölpel! Der Tölpel!

BACULUS verbessernd.

Ein Scherz, ein Scherz!

Es war ein gar unschuld'ger Scherz!

BARONIN beiseite sich drein ergebend.

In Gottes Namen denn,

Die Augen zugedrückt!


Baculus gibt ihr einen derben Schmatz. Graf und Baron stampfen vor Wut mit den Füßen.


GRÄFIN.


Was soll ich davon glauben, usw.

GRAF, BARON.

Nein, es ist kaum zu glauben, usw.

BARONIN.

Sie scheinen nicht zu glauben, usw.

BACULUS.

Man sollte es nicht glauben, usw.


Der Graf führt die Gräfin in den Speisesaal.


Quelle:
Albert Lortzing: Der Wildschütz oder Die Stimme der Natur. Nach Kotzebue frei bearbeitet, Stuttgart 1969, S. 54-57.
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